Hamburg/Berlin – In Mazedonien werden Bordelle mit minderjährigen Prostituierten nach Informationen der ARD auch von deutschen KFOR-Soldaten besucht. Wie die ARD am Sonntag in Hamburg mitteilte, hat eine an ein Bordell in Tetovo verkaufte 16-jährige Bulgarin berichtet, zu ihren "Freiern" hätten hunderte deutsche Soldaten gehört. Das deutsche Verteidigungsministerium erklärte dazu in Berlin, diese Behauptung werde "nicht bestätigt". Dies gelte auch für andere Einsatzräume deutscher Truppen in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo.

Zahl der Bordelle deutlich gestiegen

Ein Bundeswehrsoldat habe sich in der Sendung "Weltspiegel" vom Sonntagabend dazu bekannt, tatsächlich Kunde des Mädchens gewesen zu sein, teilte die ARD mit. Er wisse, dass auch andere deutsche Soldaten regelmäßig in Bordellen mit Minderjährigen gewesen seien. Seiner Meinung nach hätten auch die Vorgesetzten Kenntnis von solchen Besuchen. In Mazedonien ist die Zahl der Bordelle dem Bericht zufolge seit der Stationierung der KFOR deutlich gestiegen, obwohl Prostitution illegal sei. Eine Bordellbetreiberin habe zugegeben, dass rund tausend Mädchen, die noch nicht 15 oder 16 Jahre seien, als Prostituierte arbeiteten.

Das Verteidigungsministerium erklärte dazu, die Problematik der Prostitution auf dem Balkan sei der Bundeswehr durchaus bewusst. Zu den "vorsorglichen Maßnahmen", die daher getroffen worden seien, gehöre die Vorschrift, dass Soldaten des deutschen Heereskontingents in Tetovo nur in Gruppen drei Personen, darunter mindestens ein Unteroffizier, spätestens bis 23 Uhr ausgehen dürfen. Die KFOR habe jedoch "keinerlei Befugnisse, gegen mögliche illegale Aktivitäten im zivilen Bereich vorzugehen oder dort Ermittlungen anzustellen". Dies sei ausschließlich den örtlichen Behörden vorbehalten.

"Tabu-Thema Sex"

Verteidigungsexperten von SPD und CDU haben die sofortige Aufklärung der Vorfälle gefordert. Bundestags-Wehrbeauftragter Wilfried Penner (SPD) sagte der "Bild-Zeitung" von Montag, er werde sich unverzüglich über die Vorgänge informieren lassen. CDU-Verteidungsexperte Paul Breuer forderte, "das Tabu-Thema Sex" zu diskutieren. Die Auslandsaufenthalte müssten von sechs auf vier Monate gekürzt werden, und die Soldaten sollten häufiger Heimaturlaub bekommen.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wies die Vorwürfe als "pauschal und anonym erhoben" zurück. Sie könnten so nicht bestätigt werden. Es sei jedoch bekannt, dass es Zwangsprostitution in den Balkanstaaten gebe. Die Bundeswehr appelliere deshalb an das Verantwortungsbewusstsein ihrer Soldaten und warne sie davor, sich in ihrer Freizeit "in Versuchung führen zu lassen".
(APA/dpa)