"Dämonen mögen ein Baby besonders gern", sagt Made mit einem sanften Lächeln. "Dämonen mögen aber Zwiebel noch lieber." Was liegt also näher, als dem Baby ein Stückerl Zwiebel auf die Stirn zu legen. Logik, die balinesische Art. "Das Baby verlässt das Haus nicht ohne Zwiebel." Das Baby, ein Mädchen, Kadeg genannt, so wie die meisten zweit geborenen Mädchen auf der indonesischen Insel, gluckert zufrieden in den Armen von Mades Frau, Nyu (der Name fast aller erstgeborenen Mädchen). Das Baby darf den Boden nicht berühren, denn das Baby ist noch ein göttliches Wesen und der Boden unrein. Erst mit 18 Monaten, nach einer aufwändigen, für die Eltern sehr teuren religiösen Zeremonie, darf Kadeg auch über den Boden krabbeln.

Made (er heißt so, wie die meisten zweitgeborenen balinesischen Söhne) behauptet nicht von sich, er sei besonders religiös. Er ist es einfach. Den Balinesen wurde ein Unterschied zwischen Religion - einem Mix aus Hinduismus und Ahnenkult - und weltlichem Leben erst bewusst gemacht, als die ersten westlichen Touristen die Insel besuchten. Damals in den 30er Jahren waren es Künstler aus Holland, Deutschland oder Spanien. Dann in den 60er Jahren kamen die Hippies. Und die australischen Surfer, sie liebten die Breaks vor Kuta Beach, einem der schönsten Strände Südostasiens.

Heute ist Südbali vom Tourismus geprägt, ähnlich wie die Costa Brava in Spanien. Etwas abgefrühstückt, selbst Viersternhotels sind irgendwie schmuddelig, vom stetigen Strom der Gruppentouristen ausgewaschen. Und sie haben die lästigsten Straßenhändler der Welt ("Die kommen alle aus Java", so Made). Trotzdem kommen hunderttausende Touristen auf die Insel. Manche fliehen die Resorts in Kuta, Sanur und Nusa Dua - auf der Suche nach dem "richtigen Bali", dem "Paradies".

Made versucht es ihnen zu zeigen. Made Darmayasa ist Nordbalinese,

29 Jahre alt und stammt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Singaraja ("König der Löwen"), der Hauptstadt der Insel zur Zeit der holländischen Herrschaft im 19. Jahrhundert. Made zog in die "Kunstmetropole" Ubud in Zentralbali und arbeitete dort für eine Spaniern, die von der großen Nachbarinsel Java Edelholzmöbel holte und nach Europa verkaufte.

Made war Gärtner, kümmerte sich aber auch um Dinge wie Autozulassungen oder anderen Papierkram. Dazu ist man besser Balinese. Denn in Indonesien gibt es eine Parallelwirtschaft, die man auch als Korruption bezeichnen könnte. Irgendwo hält immer jemand die Hand auf und wirtschaftet in die eigene Tasche.

Made weiß das ganz genau. Und mehr. Er ist mittlerweile "Tour Driver", eine Profession, die im Prinzip jeder Balinese, der ein Auto besitzt, ausübt. Made hat über seine spanische Chefin viele "Qualitätstouristen" aus Europa und den USA kennen gelernt.

Er lernte durch seine "Clients" außerordentlich gut Englisch und verlangt mittlerweile 50 Dollar pro Tag. Inkludiert sind darin Fahrten mit seinem geländegängigen Toyota-Kijang-Bus, die Eintritte und Führungen durch ein paar der insgesamt 20.000 öffentlichen Tempel der Insel, Tipps für Restaurant-Besuche am Abend, Hilfe bei der Hotel-Suche (und auch bei den Preisverhandlungen). Und eben Bali-typische Spesen wie Bestechungsgelder für die Polizei. Touristen, die im Rental-Car ohne Driver unterwegs sind, sind ansonsten nämlich Lieblingsmelkobjekte. Made kennt die Tarife: "Zwischen 5000 und 20.000 Rupien (zwölf bis 48 Schilling). Wenn du Pech hast, zahlst du dreimal hintereinander 20.000."

Made weiß auch, wo er abbiegen muss. Auf Seitengassen ins "richtige Bali". Durch die Reisfelder ("Sie bauen immer weniger echten balinesischen Reis an, weil der aus Java dreimal pro Jahr geerntet werden kann."). Zu verlassenen Tempeln ("Kauft euch nicht die Touristen-Sarongs, die sie vor dem Tempel anbieten.") In die Warungs, die Imbissstuben für die Einheimischen ("Aufpassen, sehr scharf!"). Auch der balinesische Affe muss richtig eingeschätzt werden: "Ich geh' in den Monkey Forest nicht mehr rein, seit mir ein Affe einmal das Gesicht zerkratzt hat. Nehmt auf keinen Fall die Banane mit."
Leo Szemeliker

Infos unter:
madeking87@hotmail.com (Made Darmayasa)
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