Wien - Eine große Debatte über Erziehungsmittel an den Schulen kündigt Bildungsministerin Elisabeth Gehrer im Standard-Gespräch für das neue Jahr an. An den heimischen Schulen könnte nach Schweizer Vorbild ein schulpartnerschaftlich besetzter "Erziehungsrat" eingerichtet werden, der bei Konflikten mit den Betroffenen Lösungsvorschläge erarbeitet. In nächster Zeit sollen über das Internet schulische Vorzeigeprojekte diskutiert werden. Denn aus der großen Lehrerstudie, die kürzlich präsentiert wurde, gehe klar hervor, dass zu den Hauptproblemen am pädagogischen Arbeitsplatz "erziehliche Schwierigkeiten" zählen. Dass die Aktion Kritischer Schüler (AKS) gegen diese Pläne bereits mobilisiert, wundert Gehrer nicht: Die SP-nahe AKS trete gegen jede Weiterentwicklung der Schulkultur ein - sozusagen als "innovationsresistenter Blockadeverein". Doch die ÖVP-Politikerin hat derzeit nicht nur eine Schülerfront gegen sich. Sie bedauere es sehr, dass in den Schulen so viel "emotionaler Frust und Verdruss" herrsche, sagt sie. Bei vielen Lehrern handle es sich offenbar um ein Gemisch aus Ärger über den Beamtengehaltsabschluss und dem Gefühl, als Berufsstand zu wenig geschätzt zu werden. Eltern verunsichert Wobei Gehrer für einige Aktionen kein Verständnis hat. Dass es im Pflichtschulbereich - wie vielfach behauptet - künftig weniger Integrationsklassen, weniger Montessori und weniger Ganztagsbetreuung geben werde, sei einfach unwahr. "Man muss mit dieser unverantwortlichen Angstmacherei aufhören. Ich finde es traurig, dass man zu solchen Mitteln greift und die Eltern dermaßen verunsichert." Manchmal frage sie sich, wie jemand zur Verantwortung gezogen werden könne, der solche Falschinformationen verbreite. "Ich glaube, dass man sich diese Methoden langsam nicht mehr gefallen lassen kann." Es handle sich offenbar um "gezielte Aktionen" vor allem aus dem 20. Wiener Gemeindebezirk. Länder zuständig Dabei werde es gar nicht zu dramatischen Änderungen kommen, sagt Gehrer. Die Länder hätten "Straffungen" im Pflichtschulbereich, für den sie zuständig sind, zugesagt. Jedem Bundesland stehe es frei, seine schulpolitischen Schwerpunkte weiterhin zu betreiben - und eventuell mit Landesmitteln besser auszustatten. Immerhin sei es den Ländern im Finanzausgleich ja gelungen, sich die Rückflüsse aus den Wohnbaudarlehen, die bis zum 31. 12. 2000 vergeben werden, zu sichern. In Wahrheit bewege sich der Stellenabbau im Schulwesen nur im "Zehntelbereich", sprich: Auf einen Volksschullehrer werden ab 2004/ 2005 dann 14,5 statt bisher 14 Kinder kommen. Mit dieser Verhältniszahl bleibe man europaweit an der Spitze. Auch unter den OECD-Ländern liegen die österreichischen Bildungsausgaben "weit vorne". Wo es mehr Belastungen - etwa durch viele Kinder mit nicht deutscher Muttersprache - gebe, müsse das Schulwesen personell auch weiterhin überdurchschnittlich gut ausgestattet bleiben, verspricht die Ministerin. Lehrer pensioniert Gehrer rechnet kaum mit Jobverlusten. Im AHS-Bereich gehe es sich aus, wenn die durch Pensionierungen freiwerdenden Posten nicht nachbesetzt werden. Allerdings meint Gehrer im Gegensatz zu Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, dass sehr wohl noch über Verbesserungen im Vorruhestandsmodell für Lehrer geredet werden soll. Große Debatten erwartet die Ministerin über das "Jahresnormmodell", das die Pflichtschullehrergewerkschaft demnächst als Alternative zu den Regierungssparplänen vorlegen will. Mehrdienstleistungen werden in diesem Konzept über einen längeren Zeitraum durchgerechnet, und jüngere Lehrer hätten eine etwas längere Dienstzeit, weil älteren ein höherer Urlaubsanspruch zusteht. Es wird von einer normalen Beamtendienstzeit ausgegangen. Die Lehrverpflichtung soll nicht erhöht werden. Und wann wird wieder Ruhe in den Schulen einkehren? Schon bald, hofft Gehrer. Schließlich müssen bereits im Jänner die Stellenplanrichtlinien fertig sein. Dazu wird es noch eine große Runde mit Ländervertretern geben. Die Bildungspolitikerin erwartet sich "ein transparentes und gerechtes System". "Eltern können sich auch in Zukunft auf die Schule verlassen." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.12.2000)