Washington - Der künftige US-Präsident George W. Bush ist nach Nominierung der meisten Mitglieder seines Kabinetts von Demokraten und liberalen Gruppen kritisiert worden. Sie warfen Bush vor, nicht wie versprochen ein Kabinett der Mitte gebildet sondern stattdessen mehrere konservative Hardliner aufgenommen zu haben. Bis Montag hatte Bush entgegen seinen Erklärungen auch noch keinen Demokraten nominiert. Die "Washington Post" berichtete am Sonntag, der designierte Präsident habe sich offenbar entschlossen, trotz seines knappen Sieges keine Konzessionen zu machen. Aus seiner Umgebung sei verlautet, der künftige Chef im Weißen Haus habe beschlossen, sich so zu verhalten, als habe er einen überwältigenden Sieg errungen. Die Demokraten zeigten sich nach außen hin noch kooperativ, seien aber über Bushs Auswahl teils tief empört. Auf Kritik stieß unter anderen die Nominierung des Gouverneurs von Wisconsin, Tommy Thompson, für das Amt des Sozialministers. Demokraten in seinem Heimatstaat hatten in für seine ablehnende Haltung gegenüber all ihre Vorschlägen den Spitznamen "Dr. No" gegeben. Thompson gilt als entschiedener Gegner von Abtreibungen. Auch der künftige Justizminister John Ashcroft lehnt Abtreibungen strikt ab. Er dürfte nach Einschätzung von Beobachtern bei seiner Bestätigung durch den Senat den meisten Widerstand erwarten. Umweltverbände zeigten sich besonders verärgert über die Berufung von Gale Norton zur Innenministerin. Sie hatte bereits unter Präsident Ronald Reagan zusammen mit dem damaligen Innenminister James Watt dafür geworben, Nationalparks in Alaska für die Ölförderung zu öffnen. In der "Washington Post" wurde der Sprecher einer Umweltorganisation mit den Worten zitiert, die Nominierung Nortons sei eine "Kriegserklärung an die Umwelt". Drei Wochen vor der Amtsübernahme fehlen Bush nur noch drei Minister in seinem Kabinett. Er muss noch Kandidaten für das Arbeits-, das Energie- und das Verkehrsministerium benennen. Weitere unbesetzte wichtige Posten ohne Kabinettsrang sind der CIA-Direktor und der Handelsbeauftragte. Möglich ist, dass der gewählte Präsident hier noch einen Demokraten nominiert. Als ein möglicher Kandidat für den Posten des Energieministers gilt der demokratische Gouverneur von Alaska, Tony Knowles. Eine Entscheidung wurde bis Ende der Woche erwartet. Bush verbrachte den Jahreswechsel auf seiner Ranch im texanischen Crawford und wollte am Montagabend in die texanische Hauptstadt Austin zurückkehren. Für Dienstag war ein "Wirtschaftsgipfel" in seiner Residenz in Austin geplant, wo er zusammen mit Experten und engsten Beratern eine Bilanz der augenblicklichen wirtschaftlichen Entwicklung ziehen wollte. (APA/dpa)