Jerusalem - Das jüngste Opfer eines palästinensischen Anschlags im Westjordanland dürfte nicht zufällig der jüdische Rabbiner Binjamin Seev Kahane gewesen sein: Die Schüsse palästinensischer Extremisten galten dem 39-jährigen Sohn des Gründers der anti-arabischen Kach-Bewegung, Meir Kahane. Der Geistliche Binjamin Seev Kahane war Chef einer der beiden Kach-Nachfolge-Organisationen und sah sich als geistiger Erbe seines Vaters. Der jüdisch-fundamentalistische Kach-Gründer hatte sich die Ausweisung aller Palästinenser aus Israel und den besetzten Gebieten sowie die Errichtung eines jüdischen Gottes-Staates im gesamten Territorium zum Ziel gesetzt. Das Symbol der Kach-Bewegung ist Programm: eine brennende schwarze Faust im gelben Davidsstern. Der ultra-orthodoxe US-Rabbiner Meir Kahane gründete die Kach-Bewegung im Jahr 1971 nach seiner Ankunft in Israel. 1984 wurde Kahane ins israelische Parlament gewählt, vier Jahre später schloss das Verfassungsgericht die Bewegung wegen ihrer anti-demokratischen Grundhaltung von den Wahlen aus. 1990 wurde Kahane in New York von einem Araber ermordet. Daraufhin spaltete sich die Bewegung in zwei Gruppierungen: Eine behielt den Namen Kach bei, die andere wurde unter dem Namen Kahane Hai (Kahane lebt) von Kahanes Sohn Binjamin Seev geführt, der am Sonntag bei dem Anschlag im Westjordanland getötet wurde. "Kahane hatte Recht" Als im Februar 1994 der jüdische Siedler und Kach-Anhänger Baruch Goldstein am Grab der Patriarchen in Hebron wahllos auf betende Palästinenser feuerte und 29 von ihnen tötete, wurden die beiden Bewegungen als "terroristisch" und rechtswidrig eingestuft. Dennoch ist die Kach-Bewegung unter verschiedenen Decknamen nach wie vor aktiv - unter Duldung der israelischen Behörden. Ihre Führer pflegen ihre anti-arabischen Ressentiments vor allem in der 400 Menschen zählenden Siedler-Gemeinde von Hebron, umgeben von rund 120.000 Palästinensern. Seit Beginn des zweiten Palästinenseraufstandes Ende September erlebt die Bewegung von Rabbi Kahane offenbar eine Renaissance: Mehrere kleine Gruppierungen versammelten sich seitdem unter dem Motto "Kahane hatte Recht". Im November gedachten in Jerusalem mehr als tausend Kahane-Anhänger des zehnten Todestages des Kach-Gründers. Bei dieser Gelegenheit rief Binjamin Seev Kahane die Juden dazu auf, zum Schutz vor palästinensischen Angriffen nicht mehr nur der israelischen Armee zu vertrauen, sondern "ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen". (APA)