Europa
Petritsch: Ohne Reformen drohen Bosnien Armut und Stagnation
Chefkoordinator der Friedenshilfe erwartet Abnahme des internationalen Interesses
Sarajewo - Der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft und Chefkoordinator der Friedenshilfe in Bosnien-Herzegowina, Wolfgang
Petritsch, sagt dem Balkanland ohne schnelle politische und wirtschaftliche Fortschritte eine schwierige Zeit voraus. Die internationale Gemeinschaft stehe kurz davor,
das Interesse an Bosnien zu verlieren, warnte Petritsch am Montag in Sarajewo in einer Neujahrserklärung. Bosnien-Herzegowina werde sich ohne einen
entscheidenden Durchbruch noch in diesem Jahr am Rande Europas wiederfinden.
Nach dem unter Federführung der USA zu Stande gekommenen Daytoner Abkommen von 1995 besteht der Staat Bosnien-Herzegowina aus zwei separaten
territorialen "Entitäten" - der "Serbischen Republik" (Republika Srpska) und der "Bosniakisch-Kroatischen Föderation". Energisch fordern Reformkräfte in
Bosnien-Herzegowina "Verbesserungen" des Befriedungsabkommens, dessen Schwächen bei der Sicherung eines dauerhaften Friedens hinderlich sind.
Eines der ärmsten Länder Europas
"Im vergangenen Jahr hat es bereits eine Abnahme der internationalen Gelder für Bosnien-Herzegowina gegeben. Die Hilfe wird weiter abnehmen", betonte Petritsch.
"Es wird noch mehr Arbeitslose geben, weniger Geld für den Wiederaufbau der Häuser und die Linderung sozialer Probleme." Ohne Umstrukturierung der
Wirtschaft werde Bosnien-Herzegowina eins der ärmsten Länder Europas bleiben. Auch die Vorbedingungen für eine Teilhabe am europäischen Integrationsprozess
müssten erst noch erfüllt werden.
Vor seiner Bestellung zum Hohen Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina im Juni 1999 hatte der Österreicher Wolfgang Petritsch (53) als
Kosovo-Sonderbeauftragter der EU fungiert, nachdem er österreichischer Botschafter in Belgrad gewesen war. Der ehemalige Kreisky-Sekretär war unter anderem
nach dem Scheitern der SPÖ-ÖVP-Koalitionsverhandlungen im Jänner 2000 als möglicher Außenminister einer SPÖ-geführten Minderheitsregierung im Gespräch. (APA/dpa)