Laut Trendforscher Andreas Steinle gibt es schon bald Shampoos gegen den Haarausfall mit gentechnischen Bestandteilen. Standard: Werden Schönheitsoperationen wie Korrekturen der Nase oder Ohren in zehn Jahren so normal sein wie zum Zahnarzt zu gehen? Steinle: Ganz normal wie ein Zahnarzttermin nicht. Schönheitsoperationen sind doch mehr eine Sache der Reichen, die sich das leisten können. Es gibt einen amerikanischen Schönheitschirurgen, Gerald Amber, der meint, spätestens mit 30 Jahren soll man mit den Wartungsarbeiten beginnen. Die britische Regierung überlegt, ein Mindestalter für Schönheitsoperationen einzuführen. Gewisse Dinge, wie Fettabsaugen, werden schon alltäglich. Eingriffe im Gesicht nicht, weil das auch hohe chirurgische Sachkompetenz voraussetzt und die Hemmschwellen höher sind. STANDARD: Steigen auch die Ausgaben für Kosmetik in den nächsten Jahren? Steinle: Auf jeden Fall. Schon deshalb, weil auch Männer in diesen Markt eindringen. Denn auch für Männer wird es immer wichtiger, schön auszusehen. Das sieht man auch an Publikationen wie Mens Health und GQ. Das hat viel mit der Emanzipation zu tun. Frauen werden immer selbstständiger, verdienen ihr eigenes Geld. Dass Männer die Ernährer sind, fällt flach. Frauen erscheinen auf demselben Parkett. Deshalb müssen sich auch Männer übers Aussehen definieren. STANDARD: Wird es auch zunehmend normaler, dass Männer ins Kosmetikstudio oder zur Maniküre gehen? Steinle: Das wird normaler. Die Kosmetikstudios werden auch einen anderen Stil haben. Die jetzigen sehen etwas altbacken aus. Es wird dann Wellnesscenter geben. Dann werden die Kosmetikangebote für Männer sanft in das Hanteltraining integriert werden. Die demographische Entwicklung ist so, dass die Menschen zunehmend älter werden. Deshalb sind Jugendlichkeit und Schönheit so hohe Werte. STANDARD: Werden wir deshalb immer mehr Zeit aufwenden, jung und fit auszusehen? Steinle: Auf jeden Fall. Wir wollen alle hundert Jahre alt werden, aber nicht älter als 35 aussehen. Wir begreifen Schönheit auch nicht mehr oberflächlich, sondern umfassender: Gesundheit, Wohlbefinden. Deshalb positionieren sich Fitnesscenter auch zunehmend als Entspannungscenter. Yoga ist genauso ein Aspekt von Schönheit. STANDARD: Vor zehn Jahren war Aerobic in. Wie sieht der Fitnesstrend 2010 aus? Steinle: Es wird Trommelkurse in Fitnesscentern geben. Mehr Verbindung von Musik und Ertüchtigung. STANDARD: Nehmen auch die Light-Produkte zu? Steinle: Die waren in den Achtzigerjahren in, haben sich aber nicht wirklich durchgesetzt. Das liegt auch am Namen light, der so nach Askese klingt. Wir wollen abnehmen und trotzdem den vollen Geschmack haben. Ich bin sicher, dass es ein großer Erfolg wird, wenn wir durch gentechnische Manipulation Fettabbau betreiben können. Wenn es keine gravierenden Nebenwirkungen hat. STANDARD: Wird sich auch die Forschung bei Kosmetika ändern? Wird mehr in Faltencremes investiert? Steinle: Ich denke, dass sich vor allem Biotechfirmen in Kosmetikfirmen einkaufen werden. Weil im Moment die Genforschung expandiert. Ein Biotechforscher hat jüngst das Gen entdeckt, das für den Haarausfall verantwortlich ist. Er hat sich das sofort patentieren lassen und eine Firma gegründet, die ab 2005 ein Produkt vermarkten soll, das Haarausfall stoppt. Das hat man durch Zufall entdeckt. Man geht weg von der oberflächlichen Anwendung und wird immer mehr versuchen, in die Bausteine des Körpers einzudringen. STANDARD: Revolutioniert die Gentechnik damit auch die Körperpflege? Steinle: Ja, diese Revolution kommt, aber das wird noch einige Jahre dauern. STANDARD: Welche Gentechnik-Körperpflegemittel wird es 2010 geben? Steinle: Shampoos, die Haarausfall verhindern werden. Oder gegen zu viel, zu wenig Haarwuchs. Sehr viel effektivere und intelligentere Faltencremes, weil sie in die Bausteine des Körpers eindringen. Oder Mittel, die bei der Körperflüssigkeit ansetzen, die auch sehr viel mit dem Alterungsprozess der Haut zu tun hat. Wir wollen alle hundert Jahre alt werden, aber nicht älter als 35 aussehen. Wir begreifen Schönheit nicht mehr oberflächlich, sondern umfassender: als Wohlbefinden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. Jänner 2000)