Wien - "Ich habe derzeit kein Problem, Rindfleisch zu essen." Der Appetit von Walter Schuller, dem Leiter der Bundesanstalt für vetreinärmedizinische Untersuchungen in Mödling, war Dienstagvormittag, am ersten Werktag für BSE-Schnelltester, noch unverdorben. Zum Start der EU-weit verordneten Maßnahme zur Eindämmung des Rinderwahnsinns (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) herrschte in heimischen Schlachthöfen noch alles andere als Hochbetrieb. Hauptgrund: Die Verteilung der Kosten (1500 Schilling pro Test) war nach wie vor nicht geklärt. Wie berichtet, sind BSE-Tests nur verpflichtend für Fleisch von Rindern, die bei ihrer Schlachtung mindestens 30 Monate alt sind. Das sind rund 40 Prozent des heimischen Schlachtrindviehs. Bei jüngeren Tieren sind - nach derzeitiger Verfahrenstechnik - Tests sinnlos, weil diese nur auf einen relativ fortgeschrittenen Krankheitsgrad ansprechen. 60 Prozent des Rindfleisches bleibt also weiterhin ohne Überprüfung. Österreich war bisher BSE-frei. In der Vergangenheit wurde kein einziger Fall des Rinderwahnsinns, der höchstwahrscheinlich beim Menschen die tödliche Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verursachen kann, amtsbekannt. Die Befürchtung vieler Bauern, in ihren Ställen den vielleicht ersten BSE-Fall Österreichs herangezüchtet zu haben, dürfte ebenfalls für die zögerliche Schlachtbereitschaft gesorgt haben. Die Tester waren jedenfalls gerüstet. Walter Schuller rechnete damit, dass sich die Zahl von Schlachtungen langsam, aber sicher normalisieren werde. Die volle Kapazität - in den Mödlinger Labors können pro Tag etwa 300 bis 400 Tests und bei fünf Arbeitstagen bis zu 2500 Tests pro Woche durchgeführt werden - sollte nach Schullers Einschätzung in ein bis zwei Wochen erreicht werden. Auch die Stadt Salzburg hat alle Voraussetzungen geschaffen, um die vorgeschriebenen flächendeckenden BSE-Tests an allen Schlachtrindern durchführen zu können. Im Schlachthof Bergheim werden Proben aus dem Gehirn der Tiere entnommen und in Innsbruck einem BSE-Schnelltest unterzogen. Die Entnahme der Proben kann nur von speziell geschulten Amtstierärzten vorgenommen werden. 100 Proben Pro Tag werden in der Regel in Bergheim etwa 200 Rinder geschlachtet, pro Stunde müssen 30 bis 40 Proben entnommen werden. Wegen des komplizierten Verfahrens dabei - die Proben werden mit einem speziellen Löffel über den Rückenmarkskanal direkt aus der Gehirnsubstanz gelöst - sind vier Tierärzte nötig. Die Proben werden von einem Kurierdienst, der zusammen mit dem Land organisiert worden ist, nach Innsbruck gebracht. Für Dienstagnachmittag wurde dort mit dem Eintreffen der ersten 100 Proben gerechnet. Erste Ergebnisse sollten binnen zehn Stunden, also Mittwochfrüh, vorliegen. In Oberösterreich und in der Steiermark wurden Dienstag vorerst keine Rinder über 30 Monate geschlachtet. Wie eine Umfrage bei Schlachtbetrieben in Graz, Stainach, Fürstenfeld und Ungerdorf ergab, will man entweder überhaupt keine Rinder über 30 Monate schlagen oder damit erst nächste Woche beginnen. Das Fleisch dieser Tiere wird nicht für die Frischfleisch-, sondern vornehmlich für die Wurstproduktion verwendet. Wie Diplomtierarzt Albrecht Schwinger vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung ergänzte, würden am Wochenbeginn traditionell keine Rinder geschlachtet. Auch in Kärnten, in Niederösterreich und im Burgenland warteten die Tester wegen der ungeklärten Kostenfrage zunächst vergeblich auf Proben. Die Aktion Scharf der österreichischen Zollwache gegen deutsches Rindfleisch hat sich mittlerweile scheinbar auch in Deutschland herumgesprochen. Bis Dienstagabend flogen keine weiteren illegalen Importe von deutschem Rindfleisch auf. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 1. 2001).