Wien - Der Bedarf der Wirtschaft an Arbeitskräften für den Bereich der Informationstechnologien (IT) wird nach Ansicht von ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon bereits in kurzer Zeit durch den Nachwuchs aus dem eigenen Land mehr als abgedeckt werden. Eine Diskussion über eine Erhöhung der Zuwandererquote zur Kompensation des IT-Fachkräftemangels sei daher unnötig, sagte Amon bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien. ÖGB und Grüne hingegen übten heftige Kritik an der Regierung. Eine Nachfrage beim Arbeitsmarktservice (AMS) habe ergeben, dass es derzeit 623 offene Stellen im IT-Bereich gebe, so der Mandatar. Bereits in rund einem halben Jahr würden diesem Bedarf 1.200 einschlägig ausgebildete Absolventen aus österreichischen Schulen gegenüber stehen. Durch im laufenden Schuljahr eingeleitete Maßnahmen werde es außerdem bereits 2001/2002 um 20 Prozent mehr Absolventen von technischen Schulen geben als bisher. Runder Tisch Amon rief alle interessierten Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu einem Runden Tisch auf, um die weitere Vorgangsweise in der Sache zu erarbeiten. Bisher werde vielfach an einander vorbei geredet, kritisierte der VP-Bildungssprecher. Der Bereich, der unter dem Begriff "Telekommunikationsberufe" zusammengefasst würde, sei sehr vielfältig und würde unterschiedlich definiert. Lehrergewerkschaft und Freiheitliche stimmen zu In die gleiche Kerbe schlug der Vorsitzende der BHS-Lehrergewerkschaft, Helmut Skala. Er forderte die Aus- und Weiterbildung in Österreich. Skala kritisierte, dass es einen Mangel an geeigneten Lehrern gebe, für Experten der Informationstechnologie müsse der Lehrerberuf attraktiver werden. Auch der Beifall der freiheitlichen Sicherheitssprecherin Partik-Pablé war Amon sicher. Partik-Pablé kritisierte dabei auch die Wirtschaft scharf.Der Wirtschaft gehe es offensichtlich vor allem darum, billige Arbeitskräfte unter dem Titel "Schlüsselarbeitskräfte" nach Österreich zu holen, so die FPÖ-Politikerin. Ein solcher Import billiger Arbeitskräfte sei aber nicht akzeptabel, so Partik-Pablé. Der Wirtschaftsminister solle endlich den Begriff Schlüsselarbeitskräfte definieren. Grüne werfen Regierung "völliges Versagen" vor "Völliges Versagen im Bereich der Ausbildung" warf der Bildungssprecher der Grünen, Dieter Brosz, der Regierung im Zusammenhang mit dem beklagten Arbeitskräftemangel bei den IT-Berufen vor. Grundsätzlich könne ein Großteil der erforderlichen Arbeitskräfte für den Bereich IT mittelfristig durch entsprechende Maßnahmen im Bildungssystem in Österreich ausgebildet werden kann, so Brosz. Doch anstatt auf die Anforderungen zu reagieren würden jährlich Tausende Schüler abgewiesen. "An einzelnen HTL finden bis zu 400 Schüler keine Plätze", bemängelte der Mandatar. Die Situation werde noch durch den Lehrermangel verschärft. Als Ursache für diesen Mangel ortet Brosz die niedrigen Gehälter. ÖGB-Kritik an Wirtschaft und Regierung Auch Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) übte heftige Kritik an der Regierung und an der Wirtschaft. Einerseits werde über Ausbildungsdefizite gejammert, im Bildungsbereich aber "kontraproduktiv gehandelt", sagte Alexander Prischl, ÖGB-Referent für Berufsausbildung in einer Aussendung am Mittwoch. Prischl kritisierte vor allem die Abschaffung von Lehrlingsstiftungen, die Einsparungen bei den Lehrern und das Einfrieren des Budgets für die berufsbildenden Schulen. Um die Situation bei den IT-Fachkräften zu verbessern, sei aber auch die Wirtschaft gefragt. So seien per Ende Juni 2000 zur nur zwei Lehrlinge zu IT-ElektronikerInnen, weitere zwei Lehrlinge zu IT-Kaufleuten und 16 Lehrlinge zu InformatikerInnen ausgebildet worden. (APA)