Die jugoslawische staatliche Nachrichtenagentur Tanjug kämpft um ihr wirtschaftliches Überleben. Die Agentur, die am 5. Oktober des Vorjahres, am Tage des Umsturzes in Belgrad, ihre ''Befreiung'' vom Regime des abgesetzten Präsidenten Slobodan Milosevic bekanntgegeben hatte, ist mit enormen Finanzproblemen konfrontiert. Wie der amtierende Chefredakteur Dusan Dakovic erklärte, seien fürs die Nachrichtenagentur in diesem Jahr nur 30 Millionen Dinar (rund sieben Millionen Schilling/508.710 Euro) aus Geldern des Bundesstaates vorgesehen. Finanzprobleme Im Vorjahr hat die Agentur mit umgerechnet 14 Millionen Schilling vom Staat noch doppelt so viel bekommen. Die nun vom Staat gewährten Finanzmittel reichen gerade für die Begleichung von fälligen Schulden bei der serbischen Telekom sowie zur Finanzierung des Korrespondentennetzes im Ausland aus, so der Chefredakteur. Allerdings stehen die jugoslawischen Kunden bei der Agentur mit einer ebenso hohen Summe in Schulden. Die Hälfte davon entfällt laut Dakovic auf den serbischen staatlichen TV-Sender, einst mächtigstes Sprachrohr des Milosevic-Regimes, der seit dem Umbruch ebenfalls mit Finanzproblemen ringt. Die im Zweiten Weltkrieg gegründete ''Telegraphische Agentur des Neue Jugoslawiens'' (Tanjug) war schon vor Zerfall der Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien (SFRJ) 1991 mit Finanzproblemen konfrontiert. Die Situation hatte sich in den vergangenen Jahren aber dank der Finanzmachenschaften eines früheren Tanjug-Direktors weiter drastisch verschlechtert. Zoran Jevdjevic, der die Agentur zwischen 1994 und 1997 geleitet hatte, soll sich millionenschweren Betruges schuldig gemacht haben. Jevdjevic, einst als ''persönlicher'' Redakteur von Slobodan Milosevic bekannt, war zuletzt in der Bildungsredaktion des staatlichen TV-Senders tätig. Der Durchschnittslohn der 430 Tanjug-Mitarbeiter - darunter 150 Journalisten - beläuft sich nach Worten von Dakovic auf 2.500 Dinar (583 Schilling). Dakovic erwartet, dass der Staat eine größere Effizienz durch Entlassungen zu erzielen versuchen könnte. Er selbst wolle zu solchen Lösungen aber nicht greifen, sagte er. Bundesregierung bestellt Tanjug-Direktor Dakovic schreibt die Probleme der Agentur zum Teil auch der Tatsache zu, dass die Bundesregierung bisher den Tanjug-Direktor bestellt hat. Dieser soll von der montenegrinischen Sozialistischen Volkspartei des jugoslawischen Ministerpräsidenten Zoran Zizic vorgeschlagen werden. Dass die Agentur nun auch zum Opfer der ungelösten Beziehungen im Bundesstaat werden könnte, will Dakovic nicht glauben. BETA geht es besser Auf dem Medienmarkt hatte die Agentur in den vergangenen Jahren Konkurrenz bekommen. In Montenegro ist dies die kleine Agentur Montenafax, in Serbien die wesentlich größere private Nachrichtenagentur BETA. Sie war vor sechs Jahren von einer Gruppe ehemaliger Tanjug-Redakteure gegründet worden. Technisch und personalmäßig ist BETA zur Zeit wesentlich besser als die Tanjug ausgerüstet. Eine von zwei in Tanjug vertretenen Gewerkschaften hatte für die kommenden Tage indes einen Warnstreik in Aussicht gestellt. Die Agentur werde nach Worten des Leiters der ''Nezavisnost''-Gewerkschaft, Dragoslav Vasic, für eine Stunde den Betrieb einstellen. Dadurch solle die Bundesregierung auf die äußerst schwierige Finanzlage der Agentur aufmerksam gemacht werden. (APA)