Stockholm - Der schwedische Diplomat Raoul Wallenberg könnte nach Einschätzung einer schwedischen Expertin noch 1989 gelebt haben. Susan Ellen Mesinai, unabhängige Beraterin der schwedisch-russischen Wallenberg-Kommission, schrieb am Donnerstag in der schwedischen Zeitung "Dagens Nyheter", dass Verwandte des Diplomaten erst 1989 von der Sowjetunion aufgefordert worden seien, die Habseligkeiten des Toten zu übernehmen. Es sei in Russland aber üblich, dass die Übergabe spätestens ein halbes Jahr nach dem Tod des Betroffenen zu erfolgen habe. Moskau hatte Wallenberg erst kurz vor Weihnachten offiziell als Opfer der Stalin-Diktatur rehabilitiert. In Schweden wird Wallenberg als Retter Tausender Juden verehrt, denen er als Diplomat während des Zweiten Weltkriegs in Ungarn falsche Pässe verschaffte und damit vor dem sicheren Tod in den Gaskammern der Nazis rettete. 1945 wurden Wallenberg und sein Fahrer in Budapest von der sowjetischen Besatzungsarmee unter Spionageverdacht verhaftet und anschließend in ein Gefängnis verschleppt worden. Seitdem gelten Wallenberg und sein Fahrer Vilmos Langfelder als vermisst. Immer noch herrschen Zweifel Auch in der Rehabilitationsurkunde, die nur wenige Zeilen umfasst, wurde über die Todesumstände der beiden Vermissten nichts mitgeteilt. Nach Angaben von Alexander Jakowlew, dem Vorsitzenden des russischen Komitees zur Rehabilitierung der Stalin-Opfer, ist davon auszugehen, dass Wallenberg 1947 im Moskauer Lubjanka-Gefängnis des KGB erschossen worden ist. Gefunden wurde in älteren sowjetischen Akten eine handschriftliche Notiz eines Arztes namens Smolzow, wonach Wallenberg am 17. Juli 1947 an den Folgen eines Herzanfalls gestorben sei. Auch daran bestehen aber Zweifel. Solange Russland nicht eindeutige Belege für die näheren Umstände des Todes von Wallenberg vorlege, könne aus dem Zeitpunkt der Rückgabe seiner Habseligkeiten 1989 nur der Schluss gezogen werden, dass er noch kurze Zeit vorher gelebt haben müsse, schrieb Mesinai. Sie verwies darauf, dass in der einstigen Sowjetunion auch sorgfältige Dossiers über Gefangene üblich waren. Die schwedisch-russische Kommission hat die Vorlage ihres mit Spannung erwarteten Untersuchungsberichts für 12. Jänner angekündigt. (APA/Reuters)