Santiago de Chile - Die von den chilenischen Streitkräften übergebenen Unterlagen zum Schicksal verschwundener Opfer der Militärdiktatur (1973-1990) enthalten Angaben zu nur etwa 180 Personen. Das teilte Präsident Ricardo Lagos am Sonntagabend (Ortszeit) im chilenischen Fernsehen mit. Ob darunter auch Opfer der so genannten "Karawane des Todes" waren, war zunächst unbekannt. Wegen Verbrechen dieser Todesschwadron will der Untersuchungsrichter Juan Guzman Ex-Diktator Augusto Pinochet vor Gericht bringen. Nachdem Pinochet am Sonntag allerdings nicht zu einer richterlich verfügten Untersuchung erschienen ist, kommt offenbar auch ein für Montag geplanter medizinischer Test nicht zustande. Vor der Übergabe der Unterlagen am vergangenen Freitag hatte es geheißen, es würden sich mindestens etwa 300 der noch knapp 1.200 ungeklärten Schicksale mit Hilfe der Militärangaben aufklären lassen. "Die Informationen, die ich erhalten habe, sind grausam und schmerzhaft, sie sprechen vom Tod, von Gräbern, geheimen Gräbern und von Körpern, die ins Meer, in Seen und Flüsse Chiles geworfen wurden", sagte der Sozialist. Hoffnung auf Aussöhnung der chilenischen Gesellschaft Zugleich äußerte Lagos die Hoffnung, dass die Geste der Streitkräfte zur Aussöhnung der chilenischen Gesellschaft beitragen möge. Vertreter von Angehörigen der Opfer äußerten sich hingegen enttäuscht, dass die Militärs nur so wenige Informationen preisgegeben hätten. Zugleich forderten sie erneut die Festnahme Pinochets, weil er einer Vorladung zu medizinischen Test seiner Verhandlungsfähigkeit am Sonntag nicht Folge geleistet hatte. Die Militärs erhoffen sich von der Preisgabe der Informationen ein Ende der Prozesse wegen Verletzungen der Menschenrechte. Sie wollen vor allem erreichen, dass die Justiz die Selbstamnestie der Militärs für die Zeit zwischen 1973 bis 1978 wieder in vollem Umfang anerkennt. Das Oberste Gericht hatte die Amnestie teilweise außer Kraft gesetzt, indem es im Fall von Verschwundenen von Entführungen ausging. Dieses Verbrechen wird von der Amnestie nicht erfasst. Pinochochet nicht erschienen Der 85-Jährige Pinochet war nach Meldungen aus dem Umfeld des Untersuchungsrichters Juan Guzman am Sonntag nicht zu psychologischen Tests erschienen, die seine Prozessfähigkeit klären sollten. Pinochets Anwälte hatten am Donnerstag erklärt, der Ex-Diktator werde sich weder psychologischen Tests unterziehen, noch sich von Guzman befragen lassen. Das Gesetz in Chile schreibt psychologische Tests für Personen über 70 Jahre vor, gegen die ein Strafprozess eröffnet werden soll. Sollte sich Pinochet am Dienstag auch nicht befragen lassen, könnte Guzman erneut einen Haftbefehl gegen den Ex-Diktator erlassen. Das Oberste Gericht Chiles hatte am 20. Dezember die Aufhebung eines früheren Haftbefehls gegen Pinochet mit der Begründung bestätigt, der Befehl sowie ein von Guzman verhängter Hausarrest seien unzulässig, weil Guzman Pinochet zuvor nicht zu den Vorwürfen angehört habe. Während Pinochets Militärherrschaft von 1973 bis 1990 sind mehr als 3000 Menschen ermordet worden oder verschwanden spurlos. (APA/dpa)