Berlin/München - Nach Bekanntwerden
eines BSE-Verdachts bei einer jungen Kuh sollen künftig alle
Rinder im Alter unter 24 Monaten BSE-Schnelltests durchlaufen.
Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) werde dies am
Freitag in der Sondersitzung des Gesundheits- und
Agrarausschusses des Bundestags ankündigen, teilte ihr
Ministerium am Donnerstag in Berlin mit. Bisher waren es 30
Monate. Die BSE-Schnelltests waren vom Bund ab Dezember nach dem
ersten Fall der Rinderseuche in Deutschland vorgeschrieben
worden. In Oberbayern waren am Donnerstag erstmals BSE-Symptome
bei einem erst 28 Monate Rind entdeckt worden. Bei einem
weiteren Rind in Lindau am Bodensee besteht BSE-Verdacht.
Nur Rinder, die den Schnelltest durchlaufen haben, dürfen
noch verkauft werden. Fischer werde auch Gespräche mit den
Bundesländern führen, wie die Kapazitäten für die Tests
möglichst schnell aufgebaut werden können, sagte eine
Ministeriumssprecherin. Auch Bayerns Gesundheitsministerin
Barbara Stamm (CSU) sprach sich dafür aus, das Alter die
Rindertest zu senken. Es reiche nicht aus, nur über 30 Monate
alte Rinder zu testen, da BSE sich offenbar auch früher
entwickeln könne. Über Einzelheiten müssten jetzt die Länder mit
der Bundesregierung beraten.
Politische Aufarbeitung beginnt
Im Kanzleramt und Bundestag beginnt am Freitag die
politische Aufarbeitung der BSE-Krise. Sieben Fälle der Seuche
sind bislang in Deutschland nachgewiesen worden. Auf der
Ausschusssitzung wird Fischer nach Angaben ihrer Sprecherin
ankündigen, dass sie sich in der Europäischen Union (EU) darum
bemühen wird, die Verwendung von Risikomaterial von Rindern
komplett zu verbieten.
Derzeit darf Hirn und Rückenmark in
Lebensmitteln noch verwendet werden, wenn es von Kälbern stammt,
die jünger als zwölf Monate sind. Ein komplettes Verbot sei
sinnvoll, da sich der Verdacht erhärte, dass auch
Milchaustauschfutter für Kälber den BSE-Erreger übertragen
könne. Bei der von der Opposition beantragten Sondersitzung
sollen Fischer und Agrarminister Karl-Heinz Funke (SPD) über ihr
Vorgehen informieren.
Stamm kündigte an, die Futtermittelkontrollen zu verstärken.
Die Behörden wollten anhand alter Unterlagen von Bauernhöfen die
Herkunft von Futter überprüfen. Es müsse geprüft werden, ob auch
Knochenmehl in die Futterkette gelangt sei, sagte sie. Tiermehl
darf seit 1994 nicht mehr an Wiederkäuer verfüttert werden, da
es BSE auslösen soll. Bei Kontrollen in mehreren Bundesländern
war aber Tiermehl im Futter entdeckt worden.
Keine Vernichtung der Herden
Bayern sprach sich dafür aus, Herden mit nachgewiesenen
BSE-Fällen nach Schweizer Vorbild nicht mehr vollständig zu
töten. Stamm sagte, die Staatsregierung habe das
Bundeslandwirtschaftsministerium schriftlich aufgefordert, einen
entsprechenden Prüfantrag bei der EU-Kommission zu stellen.
Bayern starte bis zu einer Entscheidung aus Brüssel aber keinen
Alleingang. Ungeachtet heftiger Proteste von Bauern sollen in
der Oberpfalz am Freitag erneut in großem Umfang Rinder von
einem Bauernhof getötet werden, auf dem BSE nachgewiesen wurde.
Auch Wissenschaftler fordern, nicht alle Tiere aus
BSE-Herden zu töten, um einige Rinder für Forschungszwecke
untersuchen zu können. Zwei verwandte Rinder einer positiv
getesteten BSE-Kuh aus dem bayerischen Pilsach sollen auf der
Ostsee-Insel Riems wissenschaftlich beobachtet werden. (Reuters)