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Die Dame des Hauses managt heute als Vollzeit-Mutter Heim und Kinder Das Hamburger Trendbüro muss ganz schön geschockt gewesen sein, als es im Auftrag einer deutschen Frauenzeitschrift ins Feld zog. Wie gerne wären sie mit einem fetzigen Namen für eine zukunftsträchtige Frauenzielgruppe zurückgekommen. Doch die Feldforschung erbrachte glasklar: Die ausschließliche Jagd nach Karriere und Geld bleibt auch bei modernen Frauen ein Minderheitenprogramm (zwölf Prozent), 60 Prozent der Befragten finden den Typus "neue Hausfrau" sympathisch. In den 50er- und 60er-Jahren bedeutete Haushaltsarbeit einen ziemlichen Aufwand. 1969, als Germaine Greer in ihrem Buch The Female Eunuch Frauen als Haushalts- sklaven beklagte, waren all die hübschen Geräte, die unseren Alltag so erleichtern, Mangelware. In Großbritannien hatten 0,8 Prozent der Haushalte einen Geschirrspüler, 6,6 Prozent eine Waschmaschine. In den 70er-Jahren, als die Technik in die Küchen einzog und die Pille die Frauen vom Joch ungewollter Schwangerschaften befreite, wurde die Berufsbezeichnung "Hausfrau" altmodisch. Sekretärin und Stewardess waren die schicken Berufe. In den späten 80er-Jahren, als der Konsumrausch einsetzte und Feministinnen zunehmend den öffentlichen Diskurs bestimmten, degenerierten Schwangerschaft, Heirat & Haushalt zu Schimpfwörtern. Als die britische Journalistin Lowri Turner kürzlich für eine BBC-Sendung (The Lipstick Years) recherchierte, was aus den Vorbildern von einst geworden ist, musste sie jedoch eine überraschende Entdeckung machen: Die Hausfrau als Vorbild ist wieder da. Allerdings hat sich einiges geändert: Sie nennt sich nicht bieder "Hausfrau", sondern "full-time mother" (FTM). Eine FTM zu sein, geschieht heute nicht aus Not oder Arbeitslosigkeit heraus, sondern verlangt im Gegenteil reichlich Wohlstand. Das Heim wird als Fluchtburg vor einer feindlichen Arbeitswelt erlebt, als ein Ort, über den man die volle Kontrolle hat. Routinearbeit erledigen dienstbare Geister. Zwar haben Technik und Convenience-Produkte den Zeitaufwand zur Haushaltsführung stark reduziert, aber sie erlauben keine soziale Distinktion. Ein Dasein als Hausfrau bedeutet heute Luxus, der erstrebenswert erscheint - Vollzeit-Mutter entwickelt sich zu einem Statussymbol. Das schöne Leben der vielen Design-, Lifestyle-, Garten-und Luxusmagazine will ausgekostet werden - mit Hilfe der FTM, die ihre Zeit den Kindern und einem komplexen Haushaltsmanagement widmet. Das "Home Improvement Research Institute" fand heraus, dass der Absatz von Do-it-yourself-Produkten bei amerikanischen Männern etwas zurückgegangen ist, dafür zog er bei Frauen zwischen 1997 und 1999 um 20 Prozent an. 1997 erneuerten 7,7 Prozent der Frauen ihr Badezimmer, 1999 waren es 19,2 Prozent. 1997 pflanzten 50,3 Prozent der Frauen einen Garten an, drei Jahre später sind es 59,1 Prozent. Eine Studie von Home Depot/Yankelovich & Partners fand heraus, dass Frauen Verschönerung des eigenen Heims nunmehr als ihre bevorzugte Freizeittätigkeit (37 Prozent) angeben - noch vor Einkaufen (28 Prozent) oder Kochen / Backen (25 Prozent). Ein Grund dafür ist natürlich, dass immer mehr allein lebende Frauen eine Wohnung / ein Haus besitzen. Es hat aber auch mit einem Trend in unserer kopflastigen Gesellschaft zu tun, dass die Menschen wieder mehr Freude an Handwerkstätigkeiten empfinden. Avivah Wittenberg-Cox, Beraterin und dot.com-Unternehmerin sowie Mutter zweier Kinder, sagt, ihre Lebenserfahrung habe sie gelehrt, dass Frauen "nicht alles haben können". Was fehle, "sind Vorbilder von Frauen, die normal sind und ausgewogene Entscheidungen treffen und sich nicht verführen lassen. Große Schuld am Bild der Superfrau haben die Medien" (Financial Times). Karriere und Familie zur gleichen Zeit voll gelebt, kostet zu viel Kraft. Eine internationale Studie enthüllte kürzlich, dass Frauen mit Stressjobs dieselben Krankheitsraten wie Männer aufweisen. Brutal gesagt: Je größer die Emanzipationsrate in einem Land, um so höher der Anteil an weiblichen Krebserkrankungen. In England hat kürzlich die Sterberate aufgrund von Lungenkrebs (mehr Stress = mehr Rauchen) jene des Brustkrebs überholt. Ein Baby zu betreuen, ist emotional erschöpfend und mit einem Stressjob unvereinbar. Frauen, die ihre Kleinkinder zu früh verlassen, leiden unter starken Ängsten. Zu Unrecht? Jüngste Forschungen in England (Lynne Murray, The Social Baby) bewiesen, dass sensible Babys den Wechsel in fremde Obhut schlecht vertragen. Es ist auch nicht logisch, wenn bei der Ausstattung mit Konsumprodukten das Beste gerade gut genug ist, die Aufzucht der eigenen Brut aber ruhig drittklassig sein darf. Übrigens ergab die deutsche Verbraucheranalyse zwischen 1991 und 1999 einen unverändert hohen Anteil von 60 Prozent der Frauen, die sagen: Hausarbeit ist Sache der Frauen. 80 Prozent stimmen der Aussage, "Ich lege Wert darauf, dass bei mir zu Hause immer alles blitzblank ist", voll oder zumindest weitgehend zu; Tendenz leicht steigend. Also hätte es für die Verleger gar nicht so überraschend kommen müssen, dass das Buch Home Comforts mit über 225.000 verkauften Exemplaren binnen weniger Monaten zu einem US-Bestseller wurde. Den relativ teuren 900-Seiten-Wälzer über gelungene Haushaltsführung hat Cheryl Mendelson, von Beruf Philosophie-Lektorin an der Columbia Universität, verfasst. "Unhäusliche Frauen", befindet die Autorin, "sind spröde und unzufrieden". Was ihr Vorwürfe von feministischer Seite eingetragen hat, die Frauen wieder an den Herd zurück verbannen zu wollen. Und, wer kauft dann den Schmöker? Ältere Semester, die sich nach vergangenen Zeiten sehnen? Nein, überwiegend junge Karrierefrauen. Es scheint sich eine Renaissance eher konservativer Werte anzubahnen. (Walter Braun) Der Autor ist freier Wirtschaftsjournalist und lebt in England.