Frankfurt - Der 1973 bei einer Demonstration möglicherweise vom heutigen deutschen Außenminister Joschka Fischer verprügelte Polizist Rainer Marx wünscht sich eine Entschuldigung des damaligen linken Straßenkämpfers. Sollte Fischer unter den Angreifern gewesen sein, "stünde es ihm gut zu Gesicht", wenn er sich bei ihm entschuldigte, sagte der 48-Jährige am Freitag in Frankfurt. Er könne allerdings nicht bestätigen, dass Fischer ihn attackiert habe, da die Angreifer Helme getragen hätten. Falls Fischer an dem Vorfall beteiligt gewesen sei, sollte man ihm angesichts seiner politischen Leistungen aber verzeihen. "Jeder hat so seine Jugendsünden", meinte Marx. SPD und Grüne nahmen Fischer unterdessen vor fortgesetzten Angriffen der Union in Schutz. der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers stellte die Taten auf eine Stufe mit der Gewalttätigkeit von Rechtsextremisten. Der "Berliner Zeitung" (Samstagausgabe) sagte er: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Regierung, in der ein prominentes Mitglied in seiner Jugend linke Gewalt ausgeübt hat, jungen Leuten, die heute rechte Gewalt ausüben, Vorbild sein kann." Merkel scharf CDU-Chefin Angela Merkel forderte Fischer auf, in seiner Partei für einen "Unvereinbarkeitsbeschluss" in Sachen Gewalt einzutreten. Darin solle festgelegt werden, dass jede Form von Gewaltanwendung mit der Parteimitgliedschaft unvereinbar sei. Ein solcher Beschluss müsse auch für Gewalt gegen Sachen gelten, wie etwa Sitzblockaden vor Atommüll-Transporten, sagte Merkel der Berliner Tageszeitung "BZ". Marx erkannte sich selbst auf einem Foto, das von dem damaligen Vorfall in dieser Woche in verschiedenen Medien abgebildet wurden. Auf den Fotos soll auch Fischer zu sehen sein - jedoch mit einem Motorradhelm und daher nicht zu erkennen. Der Außenminister sagte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "stern" zur Frage, ob er auf den Fotos zu sehen ist: "Wahrscheinlich war es die Situation, an die ich mich erinnere."Berlin - Der deutsche Außenminister Joschka Fischer hat sich noch einmal von den Gewaltakten in seinen Jugendjahren distanziert. Zugleich entschuldigte er sich erneut dafür. "Dies war ein großer Irrtum, ein schlimmer Fehler", sagte er in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Berliner Zeitung "Tagesspiegel". Sein seitheriges politisches Engagement belege aber den Bruch mit dieser Vergangenheit. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Recht und Gerechtigkeit untrennbar sind." Entschuldigung Fischer hatte sich auch schon Donnerstag Abend am Rande eines Treffens mit dem israelischen Außenminister Shlomo Ben-Ami auf Fragen von Journalisten für sein damaliges Verhalten entschuldigt. Der deutsche Außenminister war in den 70-er Jahren als Straßenkämpfer in der Hausbesetzerszene in Frankfurt am Main an schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei beteiligt gewesen. "Das war nicht so, dass man immer gewartet hat, bis man geschlagen wurde", bestätigte er im "Tagesspiegel" noch einmal die Angriffe auf Polizisten bei Demonstrationen. Es habe als "Sich-Wehren mit guten Gründen" begonnen, erklärte der Außenminister. Er erinnerte an die Schüsse auf den Studentenführer Rudi Dutschke und an den Tod des Studenten Benno Ohnesorg bei einer anti-iranischen Demonstration 1967 in Berlin. Zum Demokraten geworden Fischer unterstrich, ihm sei später klar geworden, dass sich die Absichten bei der Jugend-Rebellion in ihr Gegenteil verkehrt hätten. "Terrorismus, den habe ich immer bekämpft." Durch diesen Bruch sei er Ende der 70-er Jahre "zum Reformisten, zum Gewaltlosen, zum Demokraten" geworden. Fischer bietet früherem Polizisten Gespräch an Joschka Fischer hat dem früheren Polizisten Rainer Marx, den er 1973 bei einer Demonstration in Frankfurt niedergeschlagen haben soll, ein Gespräch angeboten. "Ich bin jederzeit zu einem Gespräch bereit", sagte Fischer der Zeitung "Bild am Sonntag". Das Treffen werde kommende Woche entweder in Frankfurt oder Berlin stattfinden. Der 48-jährige Marx, der Ende vorigen Jahres aus Gesundheitsgründen aus dem Dienst ausgeschieden war, setzte sich "sehr souverän mit der Situation und der Zeit auseinander", sagte Fischer, der sich unlängst zu seiner Vergangenheit als militant-linker Straßenkämpfer in den 60er und 70er Jahren bekannt und dafür entschuldigt hatte. (APA/Reuters/dpa)