Bangkok - Nach dem offensichtlichen Sieg des umstrittenen Telekom-Milliardärs Thaksin Shinawatra bei der Parlamentswahl in Thailand droht dem Land eine Zeit politischer Instabilität. Thaksin steht unter Betrugsverdacht und würde sein Regierungsamt bei einem Schuldspruch schon bald wieder verlieren. Der Urnengang war zudem nach Einschätzung der unabhängigen Wahlkommission "die schmutzigste Wahl aller Zeiten" mit weit verbreitetem Stimmenkauf und Betrug. Die Kommission kündigte am Sonntag für die kommenden Wochen Nachwahlen in mehreren Bezirken an. Kandidaten, denen Betrug nachgewiesen werde, würden ihre Posten wieder verlieren. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses wurde wegen der Unregelmäßigkeiten bis auf weiteres verschoben. Laut Nachwahlumfragen errang Thaksins populistische Partei Thai Rak Thai (Thailänder lieben Thailänder/TRT) mindestens 230 der 500 Sitze im Unterhaus des Parlaments. Zwei Fernsehsender berichteten unter Berufung auf eigene Erhebungen, die TRT könne mit 245 bis 256 Sitzen rechnen. Die bisher regierende Demokratische Partei von Ministerpräsident Chuan Leekpai komme dagegen auf lediglich 124 Mandate. Chuan räumte seine Niederlage ein. Der 62-Jährige stand in den vergangenen drei Jahren einer Sechs-Parteien-Koalition vor und hatte sich den Ruf eines politischen Saubermanns erworben. Thaksin wollte mit seiner Siegesrede zwar noch bis zur Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses warten, zeigte sich gleichzeitig aber zufrieden mit seinem Erfolg. Er hatte bereits angekündigt, trotz des gegen ihn laufenden Verfahrens das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen zu wollen. Die TRT nahm Berichten zufolge Koalitionsgespräche mit zwei kleineren Parteien auf, um sich eine komfortable Mehrheit zu sichern. 800 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten Thaksin war vor der Wahl von einer Anti-Korruptions-Kommission vorgeworfen worden, er habe seine wahren Vermögensverhältnisse verschleiert. Sollte das Verfassungsgericht zu dem gleichen Schluss kommen, droht dem Unternehmer die Aberkennung seiner Bürgerrechte für fünf Jahre - sein Regierungsamt müsste er zurückgeben. Mit der Entscheidung des Gerichts wird aber erst in einigen Monaten gerechnet. Für die kommenden Wochen droht Thailand deshalb eine Zeit der politischen Instabiliät. Die Wahlkommission erklärte, bis Sonntag seien allein rund 800 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe eingegangen. In sechs Wahlbezirken sei der Urnengang wegen offensichtlicher Stimmenkäufe und Betrugs gestoppt worden und müsse im Laufe des Monats wiederholt werden. Gewalttätige Zwischenfälle gab es dagegen im Gegensatz zu früheren Wahlen kaum. Lediglich aus dem Nordosten des Landes wurde eine Schießerei gemeldet. Insgesamt 144.000 Sicherheitskräfte wurden landesweit zur Bewachung des Urnengangs eingesetzt. Trotz einer 1997 in Kraft getretenen Verfassung, die Wahlbetrug ausschließen sollte, "war dies die Wahl mit den meisten Fällen von Stimmenkauf", sagte Kommissionssprecher Sawasdi Chotipanitch. Bis zum Vorabend des Urnengangs hätten korrupte Kandidaten noch bündelweise Geldscheine verteilt, um sich ihr Mandat zu sichern. Die TRT wurde seit ihrer Gründung vor knapp zwei Jahren bereits von zahlreichen Skandalen erschüttert. Trotzdem trauen vor allem viele junge Leute dem erfolgreichen Geschäftsmann offenbar zu, das Land zu wirtschaftlichem Erfolg zu führen. (APA/AP)