Stockholm - Ein schwedisches Wort für Datenschutz existiert nicht. Ganz im Gegenteil: Man verwendet in dem skandinavischen Land das Wort Öffentlichkeitsprinzip, wenn es um den Zugang zu Daten geht. An diesem Prinzip will die schwedische Regierung, die derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, trotz Kritik aus anderen EU-Staaten eisern festhalten. Die ursprüngliche Idee des Öffentlichkeitsprinzips, das schon im 18. Jahrhundert gesetzlich verankert wurde, war, Machtmissbrauch und Korruption in öffentlichen Einrichtungen zu verhindern. In der Praxis sieht es derzeit so aus, dass jeder Mitbürger Zugang zu Dokumenten der Ämter und der Regierung hat. Einzige Ausnahme stellen Staatsgeheimnisse dar. In Folge sind auch persönliche Daten aller in Schweden Ansässigen wie Autokennzeichen, Ehevertrag, Vaterschaft und sogar Steuererklärungen öffentliche Dokumente. Ein kurzes Telefongespräch reicht aus, um über diese Daten anonym Auskunft zu erhalten. Kein Kompromiss mit anderen EU-Staaten Aus dem Ehevertrag von Ministerpräsident Göran Persson geht zum Beispiel hervor, dass seine Frau ein Sofa in die Ehe mitbrachte. Ob ein öffentliches Interesse an einer derartigen Information besteht, kann man anzweifeln. Die Schweden sind aber so an dieses Gesetz gewöhnt, dass ein Abgehen von diesem Prinzip kaum diskutiert wird. Nun will die schwedische Regierung auch ihre EU-Partner zu diesem Prinzip bekehren. Persson gab dieser Tage in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen zu verstehen, dass er in diesem Punkt keinen Kompromiss mit den anderen EU-Staaten eingehen wird. "Werden wir gezwungen, vom Öffentlichkeitsprinzip abzuweichen, werden wir diese Frage dem nächsten Land, das den EU-Vorsitz übernimmt, weitergeben", sagte er. Würde er die heilige Kuh "Öffentlichkeitsprinzip" aufs Spiel setzen, würde es zu einer innenpolitischen Krise kommen. Mehrere Länder haben dafür plädiert, EU-Dokumente automatisch mit einem "Vertraulich"-Stempel zu versehen. Auch Dokumente, die während der halbjährigen schwedischen EU-Ratspräsidentschaft zu Stande kommen, sollten davon betroffen sein. "Das wäre für uns sehr schmerzvoll", sagte Persson. (APA)