Es wird kein einfacher Parcours, den die Lipizzaner aus der Hofreitschule vor sich haben. Seit Jahresanfang, also genau seit neun Tagen, sind die berühmten weißen Pferde aus der Bundesverwaltung ausgegliedert. Die Hofreitschule ist nur eine von vielen Bundesinstitutionen, die im Rahmen des geplanten Beamtenabbaus der Regierung ausgegliedert wurden. Im Tiergarten Schönbrunn blickt der stellvertretende Direktor Gerhard Kasbauer bereits auf neun Jahre "Ausgliederung" zurück - und zieht eine äußerst positive Bilanz. Nicht umsonst gilt Schönbrunn dem Rechnungshof als geglückte Ausgliederung: So viele Besucher wie nie zuvor (1999 doppelt so viele wie 1992), die Einnahmen haben sich in neun Jahren verdreifacht - allerdings bei steigendem Personalbedarf (1992: 97 Mitarbeiter, 1999: 134). Das ist zugleich die Crux an der Ausgliederungs-Erfolgsstory. Denn die Regierung stellt die Ausgliederungen immer in einen engen Kontext mit der geplanten Reduktion der Beamtenzahl (siehe die Grafiken). Insgesamt sollen 15.000 Beamte abgebaut werden, davon 4000 durch Ausgliederung. Die offizielle Rechnung lautet: Ausgliederung ist gleich weniger Beamte. Was, wie Schönbrunn zeigt, nur bedingt stimmt: weniger Beamte - aber mehr Mitarbeiter. Heute erwirtschaftet der Tiergarten, dessen Alleineigentümer noch immer der Bund ist, mehr als 95 Prozent der laufenden Kosten selbst, der Bundeszuschuss beläuft sich seit Jahren auf rund 20 Millionen Schilling. Die damals übernommenen Beamten behielten ihren Beamtenstatus weiter, wurden Schönbrunn "dienstzugeteilt". Das gleiche Modell soll bei den weiteren geplanten Ausgliederungen wirken: Die Beamten bleiben Beamte, die Organisationen, die Bundesgärten, Reitschule und Co. übernehmen, zahlen an den Bund. Erst neu eingestellte Mitarbeiter werden Angestellte. Teurer Personalabbau Personal wird dennoch auch ab sofort abgebaut - wenn auch sehr teuer. Beamte, die in auszugliedernden Organisationen arbeiten, können, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, ab dem Alter von 55 Jahren mit 80 Prozent ihrer Bezüge in den Vorruhestand gehen. Nicht mehr als 400 Beamte, rechnet die für den öffentlichen Dienst zuständige Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, werden diesen Sozialplan in Anspruch nehmen. Denn insgesamt erwartet sich die ÖVP-FPÖ-Koalition durch die Ausgliederungen Einsparungen in der Höhe von 32 Milliarden Schilling. Ein Ziel, das Rechnungshofpräsident Franz Fiedler anzweifelt: "Ausgliederungen sind kein Allheilmittel", gibt er zu bedenken. Ähnliche Skepsis bezüglich der großen Hoffnungen in die Ausgliederung von Beamten äußert Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider von der Linzer Universität: "Das führt nur zur Verschiebung der Aufgaben." "Das ist ein Schmäh" Es sei genau der falsche Weg, en gros zu sagen, 15.000 Beamte werden - teils durch Ausgliederung - abgebaut. "Das ist ein Schmäh, ein reiner Budgettrick", kritisiert Schneider im STANDARD-Gespräch. Kämen die Personalkosten für die ausgegliederten Beamten doch als versteckter Sachaufwand wieder zum Bund zurück - über den Zuschussbedarf für die ausgegliederten Einrichtungen. Schneider ist enttäuscht, dass die Regierung keine Pilotversuche etwa mit Globalbudgets und Sparanreizen installiert hat. Schneiders Credo: "Mit und nicht gegen die Beamten sparen." Ein Credo, das die Beamtengewerkschaft GÖD nur allzu gerne unterschreibt - wehrt sie sich doch massiv gegen die Verwaltungsreform: Sie sei nicht eingebunden, nur Kommissionen denken zu lassen, sei der falsche Weg. Dabei räumt GÖD-Experte Martin Holzinger ein, dass eine wesentliche Sorge der Gewerkschaft unbegründet war: "Die großen Kündigungswellen sind ausgeblieben." Manche Ausgliederungen, "wie die des Kunsthistorischen Museums, das sich am Markt orientieren kann", bewertet Holzinger sogar als "sehr gelungen". Er weist aber darauf hin, dass sich für die ausgegliederten Beamten und Vertragsbediensteten wenig geändert hat. Vertragsbedienstete hätten sogar den Vorteil, "dass sie mehr bezahlt bekommen können, ohne dass das auf eine gesetzlich abgesicherte Zulage abgestützt werden muss". Zudem genießen sie weiter den verbesserten Kündigungsschutz. Beamte bleiben überhaupt unkündbar und gewerkschaftlich durch den Zentralausschuss am jeweiligen Ministerium vertreten. Und zudem, rechnen die Beamten vor, sei niemand so billig wie sie: Müsse doch der Dienstgeber keine Pensionsbeiträge für sie bezahlen. Eine Rechnung, die der Rechtsexperte Bernd Raschauer zumindest nicht blanko unterschreibt. Raschauer sitzt in der Arbeitsgruppe, die untersucht, welche Aufgaben künftig die öffentliche Verwaltung noch wahrnehmen soll - und welche nicht. "Die häufigste Frage, die ich derzeit stelle, ist: Warum?", erzählt der Jurist im STANDARD-Gespräch. Etwa: "Warum hat das Arbeitsmarktservice das Monopol für die Vermittlung von Nicht-Führungskräften?" Oder: "Warum muss die Wasserversorgung eine öffentliche Leistung sein?" Und: "Warum muss dieses Genehmigungsverfahren der Staat machen?" Bis Ende März soll der Bericht der Kommission Antworten - und Vorschläge für Entbürokratisierungen liefern. Von einem ist Raschauer zutiefst überzeugt: "Die Verwaltung kann sicher um einiges schlanker werden." Um wie viel, wagt Raschauer noch nicht zu quantifizieren. Die Schweiz geht einen radikaleren Weg: Dort werden Bundesbeamte abgeschafft. Binnen zwei Jahren sollen aus den 100.000 Bundesbediensteten Angestellte werden - allerdings mit besonderem Kündigungsschutz. Nur auf Kantonsebene bleibt das Beamtentum erhalten. (Eva Linsinger, Lisa Nimmervoll, Conrad Seidl; DER STANDARD, Print-Ausgabe 9.1.2001