Nach dem Goldrausch rund um die neue Wunderwelt des Internet-Business macht sich Nüchternheit breit, nachdem die Träume vom schnellen Geld mit Internet und neuen Medien geplatzt sind. Einbrüche an den Börsen sind schmerzlich, aber die logische Folge eines überhitzten Marktes. Der Rummel rund um das Schicksal der Dotcoms liegt in der Natur des Internets selbst.

Das Internet hat es etwa vielen Kleinanlegern erst wirklich möglich gemacht, in Aktien zu investieren. Durch das Ausschalten von Zwischenhändlern sind Millionen von Kleinaktionären zu Millionen von Daytradern geworden, die heute das Geschehen an den Wachstumsbörsen entscheidend mit beeinflussen.

Es kann aber auch dem Internet-Business mit vielen glamourösen Vorzeigeunternehmen nicht gelingen, die ehernen Gesetze der freien Marktwirtschaft außer Kraft zu setzen. Zwar zeichnen sich Dotcoms durch neuartige Geschäftsmodelle und Ideen aus. Aber gerade in sehr dynamischen und stark von Zukunftsoptionen beeinflussten Märkten müssen sich neue Ideen und Geschäftsmodelle erst behaupten. "Survival of the fittest" gilt hier genauso wie die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Es ist also eine zutiefst natürliche Entwicklung, dass Internetfirmen auch wieder vom Markt verschwinden.

Die Goldgräberstimmung in der Internetbranche ist verflogen, aber das Internet hat unverändert viel Wachstumspotenzial. Wir stehen erst am Anfang einer langen Reihe von technologischen Entwicklungsschüben. Die nächste Revolution steht mit dem Wireless Internet - der mobilen Internetverbindung - vor der Tür, und der Boom läuft eben erst an. UMTS ist Teil dieses Booms. Das Internet wird damit eine noch viel größere Verbreitung erlangen. Gerade in Österreich, das inzwischen eine Handydichte erreicht hat, die europaweit Spitze ist. Die Kommunikation, die derzeit nahezu ausschließlich über den PC als Internet-Endgerät läuft, wird künftig durch die Medienkonvergenz auch über eine Vielzahl anderer fester wie mobiler Endgeräte möglich sein.

Damit steigt auch die Anzahl der möglichen Anwendungs- und Nutzungsmöglichkeiten um ein Vielfaches. Wie stark, hat die große Leitfigur der New Economy bei der Eröffnung der Comdex2000 in Las Vegas anklingen lassen: 99 Prozent der wichtigen und großen Internetapplikationen sind noch gar nicht programmiert, sagt Bill Gates. Auch das Zusammenwachsen von Fernsehen und Internet bietet neue Möglichkeiten. Eine deutsche Studie berechnet für T-Commerce, also Handel über interaktives Fernsehen, ein Wachstum von 3 Mrd. D-Mark im Jahr 2000 auf 8,2 Mrd. D-Mark im Jahr 2005. Zuwachsrate: plus 177 Prozent. Noch rasanter das prognostizierte Wachstum der Umsätze beim M-Commerce, diesmal im gesamten europäischen Markt: Von 4,3 Mrd. (2000) auf 23,6 Mrd. (2005). Euro, wohlgemerkt!

Kein Wunder also, dass bei den Venture-Capitalists und Inkubatoren die Internetgründer mit ihren neuen Technologie- und Geschäftsideen Schlange stehen. Wir Unternehmensberater können uns vor Aufträgen im E-Business-Bereich kaum retten, und das ist gut so. Die Branche macht sich jetzt bereit für die Zeit nach den Kinderkrankheiten und wird endgültig erwachsen. Und die Grunderkenntnis der Firmen, die zwischen Boom und Baisse überleben, ist eine einfache: Am Ende zählen in der neuen Wirtschaft die alten Werte der Marktwirtschaft. Es geht darum, Geschäfte zu machen, Gewinne abzuliefern, den Aktionären Rendite zu bieten. Niemand investiert gern in ein Fass ohne Boden.

Dotcom ist keineswegs Totcom, ganz im Gegenteil. Das Internet hat das gesamte Wirtschaftsleben bereits derartig verändert und durchdrungen, dass diese Unternehmen weder wegzudenken noch wegzureden sind. Reifere, marktorientierte Konzepte werden auch in Zukunft solides Geschäft und hohe Renditen bringen. So hat die New Economy weiterhin alle Chancen.

Im Übrigen ist die strikte Aufteilung in "new" und "old" nur eine temporäre Erscheinung. Beide Bereiche werden sich viel stärker vernetzen - im Sinn des Wachstums für beide Seiten.

Harald Mahrer ist Geschäftsführer, David Mock Director Communications des Internet-Business-Consulters legend.at in Wien.