Wien - Die EU-Kommission hat die österreichische Regierung aufgefordert, das passive Wahlrecht für Ausländer bei AK-Wahlen und Betriebsratswahlen innerhalb von zwei Monaten einzuführen, erklärte der grüne Sozialsprecher Karl Öllinger. Die Kommission wirft darin der Regierung vor, gegen das Gemeinschaftsrecht zu verstoßen, "soweit sie Arbeitnehmer aus anderen EU/EWR-Mitgliedsstaaten von der Wählbarkeit in Arbeiterkammern ausschließt " sowie "gemeinschaftrechtlich begünstigte Arbeitnehmer, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU/EWR-Mitgliedsstaates haben, von der Wählbarkeit in Arbeiterkammern und zu Betriebsräten ausschließt". Die Kommission "fordert die Republik Österreich gemäß Artikel 226 Absatz 2 EG-Vertrag auf, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Bekanntmachung nachzukommen", heißt es laut Öllinger in dem am 29. Dezember 2000 abgeschickten Brief. Im Juni vergangenen Jahres hatten drei Klein-Fraktionen die Wiener Arbeiterkammerwahl wegen der Nichtberücksichtigung von Ausländern als Kandidaten angefochten. Dabei handelte sich um die Alternative und Grüne GewerkschafterInnen (Auge), die Bunte Demokratie für Alle (BDfA) und den Gewerkschaftlichen Linksblock (GLB). Zugelassen waren damals allerdings türkische KandidatInnen gewesen. In dem Brief der EU-Kommission wird auf die Stellungnahme der österreichische Regierung vom 1. September 1999 verwiesen, in der Wien die Ansicht der Kommission teile. Das zuständige Sozialministerium habe bereits einen Entwurf erarbeitet, der die Ausdehnung des passiven Wahlrechts zu den Arbeiterkammern auf alle Arbeitnehmer, die unter das EG-/EWR-Recht fallen, vorsehe. Jedoch sei dieser Entwurf von der österreichischen Regierung nicht verabschiedet worden, so die damalige Stellungnahme der österreichischen Regierung. Die Kommission verweist darauf, dass Artikel 39 EG-Vertrag über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen vorsieht. Was das Assoziierungsabkommen zwischen der Gemeinschaft und der Türkei betrifft, heißt es, dieser Beschluss bezwecke die im sozialen Bereich bestehende Regelung zugunsten der Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen zu verbessern und die Bestimmungen über die soziale Sicherheit und über den Austausch junger Arbeitskräfte durchzuführen. "Zu diesem Zweck verbietet Artikel 10 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80, der zu Kapitel II (Soziale Bestimmungen), Abschnitt 1 (Fragen betreffend die Beschäftigung und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer) gehört, "jede Diskrminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit". Türkische Arbeitnehmer, die dem regulären Arbeitsmarkt der Gemeinschaft angehören, sind somit mit den Arbeitnehmern aus der Gemeinschaft hinsichtlich des Arbeitsentgeltes und der sonstigen Arbeitsbedingungen gleich zu behandeln", so der Brief der Kommission. (APA)