Darmstadt - Der Medizin-Nobelpreisträger Bert Sakmann will Patienten mit Gehirnschäden helfen, verlorene Fähigkeiten wiederzuerlangen. Er möchte dafür die Möglichkeit des Gehirns nutzen, Aufgaben in eine andere Hirnregionen zu verlagern. Ein Sehnerv könne durchaus mit der für das Gehör zuständigen Gehirnregion zusammenarbeiten, sagte Sakmann. Seine Forschungen stellte der Neurowissenschaftler am Donnerstagabend in Darmstadt vor. Der Nobelpreisträger von 1991 ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Medizinische Forschung in Heidelberg. Objekt von Sakmanns Forschungen ist die "eloquente Hirnrinde", der Bereich des Gehirns, der für die Sinneswahrnehmungen zuständig ist. Für jeden Sinneseindruck ist eine bestimmte Stelle in der Hirnrinde verantwortlich. Wird diese Stelle beschädigt wird, kommt es zu einer Beeinträchtigung beim Hören, Sehen, Schmecken, Riechen oder Fühlen. In Mitleidenschaft gezogen wird die Hirnrinde zum Beispiel, wenn wegen eines Tumors ein Teil des Gehirns entfernt werden muss, oder durch einem Schlaganfall. Das Gehirn habe jedoch eine "fantastische Fähigkeit", sagte Sakmann, seine "Plastizität". Es könne Verluste ausgleichen, indem es die Aktivität in einen anderen Teil der Hirnrinde verlege. Der neue Bereich wachse, wenn er viel gebraucht werde, durch Übung. Ziel von Sackmanns Forschungen ist es, im Tierexperiment herauszufinden, was genau bei dieser Verlagerung passiert und wie sie beschleunigt werden kann. Damit sei es möglich, ganz gezielte Übungen für die Rehabilitation von Kranken zu entwickeln. "Schlaganfallpatienten könnten schneller wieder sprechen lernen oder Epileptiker sich besser orientieren", erklärte er. Auch lernschwache Kinder könnten effektiver gefördert werden. (APA/dpa)