Er tritt so auf, wie man sich einen Professor der Geisteswissenschaften vorstellt: meist in schwarzem Rollkragenpulli und Karo-Blazer, fast immer mit Lesebrille und stets dozierend. Aber in einem Elfenbeinturm wollte Dietrich Schwanitz nie bleiben. Der emeritierte Hamburger Universitätsprofessor ist Grenzgänger zwischen Wissenschafts- und Literaturbetrieb. In seinen Romanen Der Campus und Der Zirkel lieferte er ein Sittenbild des Lebens an Universitäten - mit faulen Studenten und verklemmten, stubenhockenden Kollegen. Vor allem die Frauenbeauftragten hatten es ihm angetan. Sie beschrieb er als feministische Fanatikerinnen. Endgültig wurde er zum Ärgernis für das Uni-Establishment, als sich der Professor für englische Literatur an der Universität Hamburg 1997 im Alter von 56 Jahren aus Gesundheitsgründen - bei 75 Prozent der Bezüge - frühpensionieren ließ, um danach umso eifriger den Bildungsbetrieb in Talkshows zu geißeln und Bücher zu schreiben. Viele seiner Kollegen sahen ihre Chance auf Revanche gekommen, als Schwanitz vor zwei Jahren das Buch publizierte: "Bildung - Alles, was man wissen muss" - und das auf 540 Seiten. Kollegen suchten und fanden Fehler, Der Spiegel bezeichnete das Opus als "intellektuelles Striptease eines alternden deutschen Akademikers". Seinem Selbstbewusstsein tat dies keinen Abbruch. Schwanitz wies vielmehr darauf hin, dass es ihm gelungen sei, "den Widerspruch von Bildung und Unterhaltung durchbrochen" zu haben. Schon in seiner Habilitation befasste er sich mit der "Wirklichkeit der Inszenierung und der Inszenierung der Wirklichkeit". Er schreibt auch nicht wie ein Prof, sondern wie ein Profi, mit Witz und Kompetenz gleichermaßen. Seine Bücher waren wochenlang auf den Bestsellerlisten, die Verfilmung von Der Campus mit Heiner Lauterbach war in deutschen Kinos ein Hit. Der 60-Jährige ist auch als frühpensionierter Universitätsprofessor ein begehrter Vortragender zum Thema Bildung, der durchaus amüsant über das Thema in allen Facetten parlieren kann. Teile seines Studiums der Anglistik, Geschichte und Philosophie absolvierte der verheiratete Familienvater in Großbritannien und den USA. Der als konservativ geltende Autor und Wissenschafter lehnt Multikulturalismus als "einäugig" ab, trat aber auch gegen den von der CDU geforderten Anspruch "deutscher Leitkultur" auf. Immer wieder mischt er sich in Deutschland in Hochschuldiskussionen ein. Als der damalige Bundespräsident Roman Herzog eine Bildungsdebatte forderte, erklärte er ganz unbescheiden, dass "die Rede von Präsident Herzog eine Bildungsdebatte auslösen wird, die ungefähr der Linie meiner bisherigen Hochschulkritik folgt". (DER STANDARD, Printausgabe, 13./14. Jänner 2001)