Etat
SLOWAKEI
Zweite Geige aus Bratislava
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen "Slovenska Televizia" (STV) erfüllt eine wichtige Rolle als Garant für Kultur- und
Minderheitenprogramme, spielt aber auf dem Markt nur die zweite Geige hinter dem größten privaten Konkurrenten. STV steht
völlig unter der Kontrolle der Parlamentsparteien, die sowohl den Generaldirektor (derzeit Milan Materak) als auch das
kraftlose Kontrollorgan "STV-Rat" wählen. Obwohl formell auch außerparlamentarische Organisationen ein Vorschlagsrecht für
den Rat haben, nominierten die Parlamentsparteien ungeniert nur ihre eigenen Vertreter in den Rat. Zwar dominieren die
Regierungsparteien mit sieben von neun Mitgliedern gegenüber zwei von der Opposition, aber dennoch bietet STV seit der
Parlamentswahl 1998 eine ausgewogene politische Berichterstattung.
Den Hintergrund dafür bilden die schlechten Erfahrungen des Senders in den Regierungsjahren von Vladimir Meciar. Dieser
hatte STV - auch durch häufiges Auswechseln der Fernsehchefs - in einen lupenreinen Propagandasender der Regierung
umfunktioniert. Damit versuchte Meciar vergeblich das Manko auszugleichen, dass er in der im Vergleich zu Österreich weit
liberaleren und vielfältigeren slowakischen Medienlandschaft fast alle Tageszeitungen und Privatradios gegen sich hatte.
Die Konsequenz war letztlich fatal für den Sender, der gegenüber der Konkurrenz von Privatsendern immer mehr ins
Hintertreffen geriet. Allein der offensiv gegen Meciar auftretende Privatsender "TV Markiza" erreichte kurz nach seiner
Gründung im Jahre 1996 mehr Zuschauer als die beiden öffentlich-rechtlichen Programme STV1 und STV2 zusammen.(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.1.2001)