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"Gauner - Politiker" - von Günter Traxler
Erstinstanzlich hat nun eine Richterin des Wiener Landesgerichtes entschieden, dass der Kärntner Landeshauptmann
ungestraft als "gefährlicher politischer Gauner" bezeichnet werden darf. Bei der Charakterisierung desselben als "skrupelloser
Demagoge" konnte sie sich eine Entscheidung ersparen, weil Jörg Haider diese Stelle eines ZDF-Berichtes erst gar nicht
geklagt hat, sei es, weil er in dieser Beschreibung nichts Ehrenrühriges sieht, sei es, weil er sich dafür von vornherein einen
Freispruch für den Sender ausrechnete.
So sehr dieses Urteil - vorläufig - ergötzen mag - wirklich zufrieden stimmt es nicht, wird es doch weder am Bild, das sich
Haider-Fans von ihrem Idol machen, noch am Haider-Bild seiner Gegner etwas ändern. Die Urteilsbegründung sagt vor allem
einiges über das politische Niveau in diesem Land aus, also nichts Erfreuliches. Es handle sich bei der Bezeichnung
"gefährlicher politischer Gauner" um eine zwar "durchaus derbe, vielleicht überzogene Kritik", die aber im Rahmen des
verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf freie Meinungsäußerung zulässig sei - ging es doch um einen Politiker, "und
ein Politiker muss sich im Rahmen einer öffentlichen Diskussion mehr gefallen lassen als ein "normaler Staatsbürger".
Auch ein Politikerprivileg. Aber damit kein Missverständnis entsteht: Mitleid mit Jörg Haider wäre unangebracht, denn mit
einem Urteil wie diesem erntet er nur, was er jahrelang gesät hat. Es enthält ausgleichende Gerechtigkeit, eine kleine - noch
nicht einmal definitive - Wiedergutmachung für den vielen Schimpf, den er Mitbürgern angetan hat, um seinen Aufstieg und
den seiner Hump-Dump-Lump-Kumpane zu fördern. Er selber hat den Boden bereitet, aus dem die sich zunehmend
verfestigende Vorstellung gewachsen ist, nur weil in einer Demokratie jemand Politiker ist, müsste er sich auch schon
folgenlos einen Gauner, ja einen "gefährlichen politischen Gauner" nennen lassen.
Die gerichtliche Erlaubnis, ihn mit der Floskel Gauner belegen zu dürfen, verhilft indes niemandem zu besserer Einsicht in das
politische Wesen Jörg Haider. Auch die Wortspenden, die das ZDF beigebracht hat, waren zwar geeignet, Haider als alles
Mögliche zu entlarven, aber ist man nicht eher ein Lügner als ein "Gauner", wenn man ein gegebenes Interview als nicht
gegeben darstellt oder behauptet, die Nationalbank verkaufe still und heimlich Goldreserven? Wenn aber die Zulässigkeit der
nebulos-umfassenden Bezeichnung nicht zuletzt aus dem Umstand abgeleitet wird, dass der so Bezeichnete Politiker ist, legt
das als Konsequenz nahe, Gaunerei wäre nun einmal Wesensmerkmal des Politikers schlechthin, und sagt somit mehr über die
politische Kultur einer Gesellschaft aus als über Haider.
Das war anders, als etwa Peter Pilz bis zum Obersten Gerichtshof die Zulässigkeit der Charakterisierung Jörg Haiders
durchsetzte, das damals oberste und heute einfache Parteimitglied sei ein "politischer Ziehvater und Ideologe des
rechtsextremen Terrorismus". Das muss sich Haider bis heute gefallen lassen - aber nicht, weil er ein Politiker ist, wie andere
auch, und daher nicht empfindlich sein darf, sondern weil er eben ein Politiker ist, wie andere nicht, denen bei einem solchen
weit weniger nebulosen Vorwurf jedes Gericht die Empfindsamkeit des "normalen Staatsbürgers" zugebilligt hätte.
Österreichische Pointe: Der ehemalige Haider-Anwalt Dieter Böhmdorfer hat - vor dem Urteil - auf Befragen des ZDF erklärt,
die Qualifizierung "politischer Gauner" sei seiner Meinung nach in Österreich nicht klag- und strafbar. In puncto
Empfindlichkeit überzeugt der Justizminister als Politiker inzwischen schon mehr als so mancher skrupellose Demagoge. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13./14.1.2001)