Wien - Österreich liegt mit rund zwölf Schwangerschaften pro 1.000 Frauen unter dem 19. Lebensjahr im internationalen Spitzenfeld der ungewollten Schwangerschaften bei Jugendlichen. Angeführt wird diese Statistik von den USA (ca. 55/1.000) und Großbritannien (ca. 22/1.000). Extrem niedrige Werte von nur fünf Abtreibungen pro 1.000 Schwangerschaften gibt es in den Niederlanden, wo der Zugang zum Abbruch (spezielle Abtreibungskliniken) extrem leicht ist, hieß es am Samstag bei der Tagung. Irrtum: Abtreibung "leicht" gemacht" führt nicht zu Anstieg der Rate Wissenschaftliche Studien belegen demnach, dass ein leichter Zugang zum Schwangerschaftsabbruch nicht zu mehr Abtreibungen führt. Großbritannien liegt bei 14,3 Abbrüchen pro 1.000 Schwangerschaften. Dort ist hingegen die unabhängige Zustimmung zweier Ärzte nötig. Wesentlich höhere Zahlen findet man in Osteuropa, wo man beispielsweise in Rumänien 188 Abtreibungen pro 1.000 Schwangerschaften registriert. In diesem Land waren Schwangerschaftsabbrüche lange Zeit generell verboten. Dazu Oberarzt Dr. Wolfgang Walcher, Leiter der Abteilung für Perinatologie and der Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe in Graz: "Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass der leichte Zugang zum Schwangerschaftsabbruch die Zahlen der Abbrüche erhöht." In Österreich unterliegen Abtreibungen keiner Meldepflicht. Man geht aber laut Walcher von einer Gesamtzahl von rund 25.000 pro Jahr aus. Am häufigsten lassen junge Frauen, Neuzuwanderinnen und deren Kinder sowie Frauen, die schon längere Zeit keine Verhütungsmittel mehr angewendet haben, Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Hinzu kommen die Opfer von Vergewaltigungen. Keine Verhütung beim "1. Mal" Schlecht ist das Kontrazeptionsverhalten der österreichischen Jugendlichen. Laut einer Umfrage der Spezialambulanz "First Love" an der Wiener Rudolfstiftung ( www.firstlove.at ) erleben etwa 50 Prozent der Jugendlichen ihren Geschlechtsverkehr ungeschützt oder unregelmäßig geschützt. Das Durchschnittsalter der Mädchen bei ihrem ersten Geschlechtsverkehr liegt bei 15,3 Jahren. Immerhin 27 Prozent der 14-Jährigen weisen diese Erfahrung auf. Dies berichtete Dr. Claudia Neudecker aus Sicht der Notfall-Gynäkologie am KH-Rudolfstiftung in Wien. Wird eine Kontrazeption durchgeführt, dann kommt es bei Jugendlichen häufig zu Anwendungsfehlern, die etwa bei der Einnahme der "Pille" bis zu 15 betragen können. Eine weitere häufige Ursache für ungewollte Schwangerschaften ist in allen Altersgruppen das "Platzen" von Kondomen. "Pille danach" keine Abtreibung Wichtig ist für alle Betroffenen die Rechtslage. Stichtag für die Verordnung von Verhütungsmitteln ist der 14. Geburtstag. Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr dürfen Verhütungsmittel an Mädchen grundsätzlich ohne das Einverständnis der Erziehungsberechtigten abgegeben werden. Das gilt auch für die "Pille danach". Definitionsgemäß liegt laut der Aussage des Wiener Gynäkologen und promovierten Theologen Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber erst dann eine Schwangerschaft vor, wenn eine Einnistung der Frucht in der Gebärmutter erfolgt ist. Da dies mit der neuen "Pille danach" verhindert wird, liegen somit von Seiten der GynäkologInnen keine ethischen Bedenken vor. Ähnliches gilt auch für den Einsatz von speziellen Minispiralen, die diese Einnistung ebenfalls verhindern. Somit handelt es sich "streng genommen" auch nicht um eine Kontrazeption, sondern um eine sogenannte "Interazeption". Dr. Daniela Dörfler-Grassauer von der Universitätsfrauenklinik Wien skizzierte bei der Tagung die wissenschaftliche Datenlage zur "Pille danach" ("Vikela"), in der das Hormon Levonorgestrel enthalten ist: Im Vergleich zu bisher angewendeten Methoden, insbesondere der Methode nach Yuzpe (Kombination von Östrogen mit Gestagen) mit, die seit 1982 allgemein Verwendung findet, ist die Häufigkeit und Intensität der Nebenwirkungen wesentlich geringer. Die beiden wichtigsten unerwünschten Begleiteffekte sind Übelkeit (25,1 Prozent) und Erbrechen (5,6 Prozent). Sie lassen sich durch die zusätzliche Gabe eines Antiemetikums (Medikament gegen Übelkeit und Erbrechen) mildern. Grundsätzlich betrachten die Österreichischen GynäkologInnen die "Postkoitale Kontrazeption" (Schwangerschaftsverhütung nach erfolgtem Sexualverkehr) nicht als eine Methode für den "tägliche Gebrauch", sondern ausschließlich als "Notfall-Kontrazeption". Das wichtigste Prinzip: Die Methode muss so früh wie möglich eingesetzt werden. Der ideale Zeitraum der Anwendung liegt bei zwölf Stunden nach dem Sexualverkehr, kann bei der "Pille danach" aber bis zu 72 Stunden ausgedehnt werden. Allerdings steigt bei eine relativ späten Verwendung die damit die Versagerrate deutlich an. Dr. Daniela Dörfler-Grassauer: "Die Erfolgsrate beträgt binnen zwölf Stunden 95 Prozent und nimmt bei einem längeren Zeitraum auf bis zu 58 Prozent ab." Auch der Grazer Gynäkologe Dr. Wolfgang Walcher betonte die rasche Intervention als wichtigstes Kriterium. Die Grazer Zahlen belegten bei der Anwendung binnen zwölf Stunden eine Versagerquote von lediglich 0,5 Prozent. (APA)