Am 17. Jänner 2001 jährt sich zum zehnten Mal der Tag, an dem die Welt fernsehgerecht den Beginn eines der fragwürdigsten Kriege des 20. Jahrhunderts live im Fernsehen miterleben konnte. Der Beginn der Kampfhandlung, in Form des Bombardements der irakischen Hauptstadt Bagdad, war mit dem US-Sender CNN offensichtlich so abgestimmt, dass er das Zuseherinteresse genau zu den Abendnachrichten befriedigen konnte.

Zum Zeitpunkt des Ereignisses schienen die Fakten völlig klar: Der irakische Diktator war am 2. August 1990 in Kuwait einmarschiert, seine Truppen hatten dort fürchterlich gewütet, und die irakische Regierung hatte das letzte Ultimatum zu einem Abzug am 16. Jänner 1991 ungenutzt verstreichen lassen.

Wenig ist bis heute über den Hintergrund dieses Krieges definitiv geklärt - außer dass es vorrangig um den Zugriff auf das Öl des Mittleren Ostens ging. Völlig klar aber ist, dass es in dieser gigantischen Materialschlacht zwei große Verlierer gab: zum einen das irakische Volk, das noch heute durch die UNO-Sanktionen genozidartig ausgehungert wird und von dem vermutlich nahezu ein Drittel durch Uran-Geschoße radioaktiv verseucht ist; zum anderen die Glaubwürdigkeit der Medien.

Wahrscheinlich bleibt es der zwar angesehenen, aber für US-amerikanische Verhältnisse eher kleinen Zeitung St. Petersburg Times in Florida, vorbehalten, die Ehre der US-Journalisten gerettet zu haben. Sie schrieb nämlich am 6. Jänner 1991 in einem großen Aufmacher unter Berufung auf russische Satellitenaufnahmen, dass es entgegen der offiziellen Behauptung der kriegslüsternen Parteien "keine Anhaltspunkte für eine massive irakische Truppenpräsenz" in der Grenzregion zu Kuwait gebe.

Nach dem Krieg wusste es auch die Zeitschrift Newsday: "Die kampfbereiten alliierten Soldaten . . . bekämpften am Ende einen Phantomfeind. Der größte Teil der mächtigen irakischen Armee, die in Kuwait und im südlichen Irak angeblich über 50.000 Mann zählte, war nicht zu finden. Die CIA-Propaganda hatte gute Arbeit geleistet . . ."

Vom "Pool" ...

Während des ganzen Golfkriegs hat der Großteil der Presse "hündisch" ergeben die offiziellen Propagandameldungen nachgebetet und weder den wahren Kriegsgrund hinreichend überdacht, noch die Verhältnismäßigkeit der Mittel im aktuellen Kriegsverlauf angezweifelt. Als Belohnung schuf das Pentagon einen so genannten "Pool", und nur wer diesem angehörte, durfte an den gesteuerten Informationen mitnaschen. Entsprechend "wahrheitsgetreu" wurde der Welt ein klinisch sauberer Krieg präsentiert, der mit der Realität so gut wie nichts zu tun hatte.

Widerstand gegen die totale Zensur gab es kaum. Erst nach dem Krieg wagte der eine oder andere Journalist, sich selbst an den Pranger zu stellen, wie etwa CNN-Reporter Bill Headline, der öffentlich erklärte, sich gegen die "Informationsdiktatur" des Pentagon zu wenig gewehrt zu haben und daher mitverantwortlich zu sein: "Denn ich habe nicht wie ein verwundeter Adler aufgeschrien, als man uns reinzulegen drohte . . .Wer gibt schon gern zu, dass er die Sache nicht durchschaut hat oder in die Irre geführt wurde."

... hinters Licht geführt

Irregeführt wurde die ganze Welt ja bereits in der Vorbereitungsphase des Krieges. So handelte es sich bei dem angeblich aus dem besetzten Kuwait geschmuggelten Film, der zeigte, wie irakische Soldaten kuwaitische Babys aus den Brutkästen rissen und auf den Boden schmissen, um eine Fälschung, die von der amerikanischen PR-Agentur Hill und Knowlton mit Holzpuppen hergestellt und, unterstützt von Amnesty International, der Weltpresse untergejubelt wurde. Der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark berichtet in seinem Buch "Wüstensturm" sogar, dass das Pentagon bereits zehn Jahre lang strategische Pläne gewälzt habe, wie man einen Golfkrieg entfachen könne, um die amerikanische Militärpräsenz am Golf und damit den Zugriff auf die dortigen Ölreserven zu sichern.

Fazit: Niemals zuvor haben Journalisten - man denke an die Berichterstattung über den Krieg in Vietnam, die Eroberung Grenadas oder an das Bombardement von Panama, als die Politik der US-Regierung jeweils zumindest ansatzweise relativiert wurde - sich derart kritiklos hinter die Regierungspropaganda gestellt. Und dieses Versagen wirft - nach wie vor - Fragen auf: Wächst mit der Globalisierung nicht nur die Uniformität der Berichterstattung, sondern auch ihre Käuflichkeit? Ist sie im Fall des Falles sogar zentral steuerbar?

Die Aufarbeitung der Rolle der Medien im Golfkrieg scheint jedenfalls eine unverzichtbare Voraussetzung für ihre Rehabilitierung zu sein.

Hans Kronberger, Umweltjournalist, FPÖ-Abgeordneter im Europaparlament und Autor des Buches "Blut für Öl - Der Kampf um die Ressourcen" (Uranus-Verlag, Wien 1998); weitere Literaturhinweise: Ramsey Clark, "Der Wüstensturm - US-Kriegsverbrechen am Golf" (Lamuv-Verlag, Göttingen 1993), John R. MacArthur: "Die Schlacht der Lügen" (dtv, München 1993)