Nahost-Konflikt
Schweiz interveniert bei Palästinensern gegen Todesstrafe
Deutsche Grüne fordern härtere Gangart gegenüber Arafat - Europarat verurteilt Hinrichtungen
Bern/Hamburg/Kopenhagen/Straßburg - Die Schweiz interveniert nach den Hinrichtungen von zwei Palästinensern bei der
palästinensischen Autonomiebehörde. Sie versucht, die Vollstreckung zweier weiterer Todesurteile zu verhindern. Die designierte Chefin der
deutschen Grünen, Claudia Roth, forderte eine härtere Gangart der Bundesregierung gegenüber Palästinenserpräsident Yasser Arafat. Auch
der dänische Außenminister Mogens Lykketoft hat am Dienstag in Kopenhagen die Hinrichtung zweier Palästinenser am Samstag verurteilt.
Konsequenzen für die dänische Hilfe für die Palästinensergebiete werde es jedoch nicht geben.
Die Schweizer Demarche solle in den nächsten Tagen durch einen Schweizer Vertreter mündlich überbracht werden, hieß es beim
Außenministerium am Dienstag auf Anfrage. Die Schweiz plädiere in der Demarche für faire Prozesse sowie ein Abschaffen der Todesstrafe.
Es sei nicht das erste Mal, dass die Schweiz interveniere, sagte Pierre-Yves Fux vom Außenministerium. In den palästinensischen Gebieten
gebe es jedes Jahr zwei bis drei Hinrichtungen. Die Schweiz setze sich systematisch gegen die Todesstrafe und für eine bessere
Menschenrechtspolitik ein. Momentan bestünden im palästinensischen Justizsystem sehr große Mängel. Doch die palästinensischen Behörden
hätten Gefängnisse zur Verfügung. Die Todesstrafe sei keine Lösung.
Grüne: Härtere Gangart
Die designierte Chefin der deutschen Grünen, Claudia Roth, dringt nach den Todesurteilen gegen Kollaborateure auf eine härtere Gangart
gegenüber Palästinenser-Präsident Yassir Arafat. Außenminister Joschka Fischer müsse den Vertreter der palästinensischen
Autonomieregierung in Deutschland, Abdallah Frangi, einbestellen, sagte Roth in einem am Dienstag in Hamburg veröffentlichtem Interview
mit "Spiegel online".
Das Schweigen der deutschen Bundesregierung nach den Hinrichtungen in Nablus und Gaza-Stadt könne sie "nicht nachvollziehen". Wenn die
Bundesregierung weltweit für die Ächtung der Todesstrafe eintrete, dann müsse sie das auch in diesem Fall der PLO und ihrem
Repräsentanten in Deutschland gegenüber vertreten, sagte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag. "Die Hinrichtungen
dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben", erklärte sie.
Ein Einfrieren der Entwicklungshilfe lehnte die designierte Grünen-Chefin jedoch ab. "Das wäre in den palästinensischen Gebieten
kontraproduktiv; es würde die Situation eher verschärfen." Bei humanitärer Hilfe dürfe es keine Bedingungen geben. Allerdings sollten
Aufbau- und Strukturhilfen "von der Einführung rechtsstaatlicher Verfahren abhängig gemacht werden", meinte Roth.
Schwimmer-Appell an Arafat: Todesstrafen in Haft umwandeln
Nach der EU hat auch der Europarat die Hinrichtung von zwei Palästinensern wegen Kollaboration mit Israel
verurteilt. Ein solches Vorgehen sei ein schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte, erklärte der Generalsekretär des in Straßburg
ansässigen Staatenbundes, Walter Schwimmer, am Dienstag. Der österreichische Christdemokrat appellierte zugleich an
Palästinenserpräsident Yassir Arafat, zwei andere Todesstrafen in lebenslängliche Haftstrafen umzuwandeln. Außerdem forderte er die
palästinensische Autonomiebehörde auf, ein Moratorium für Hinrichtungen zu erlassen.
Am Samstag waren erstmals seit Schaffung der palästinensischen Autonomiebehörde 1994 in Gaza und im Westjordanland zwei
Palästinenser wegen der Zusammenarbeit mit Israel hingerichtet worden. Am gleichen Tag wurden zwei andere Palästinenser in Bethlehem
zum Tode verurteilt. (APA/sda/AP)