Straßburg - Der schwedische Ministerpräsident Göran Persson hofft auf erste Beitritte neuer EU-Mitgliedsstaaten ab Ende 2002. "Viel Arbeit bleibt zu tun, aber es ist möglich, dass wir neue Mitgliedsstaaten nach Ende 2002 willkommen heißen können", sagte Persson in seiner Eigenschaft als EU-Ratsvorsitzender für dieses Halbjahr am Mittwoch vor dem Europaparlament in Straßburg. Als weitere Schwerpunkte des schwedischen EU-Vorsitzes nannte er die Beschäftigungspolitik in Europa, Umweltfragen, mehr Transparenz in der Union und die Beziehungen zu Russland. "Kein Thema ist so entscheidend für die Zukunft der europäischen Union und für die Entwicklung Europas wie die Aufnahme neuer Mitglieder in der Union", sagte Persson bei der Präsentation des schwedischen Vorsitz-Programmes. Sein Land wolle einen "politischen Durchbruch" bei den konkreten Beitrittsverhandlungen erreichen. Dabei müsse jedes Kandidatenland individuell beurteilt werden. Die schwedische Ratspräsidentschaft werde alle Möglichkeiten ausnützen, um die am besten vorbereiteten Beitrittskandidaten zu fördern, sagte Persson. Er hoffe zudem, dass die Beitrittsländer im Jahr 2004 an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen könnten. Beschäftigung und Umwelt "prioritäre" Ziele Schweden werde darüber hinaus für mehr Transparenz in der EU kämpfen, um mehr Dokumente de Öffentlchkeit zugänglich und Entscheidungsprozesse nachvollziehbar zu machen, sagte Persson. Der EU-Vertrag von Amsterdam biete dafür eine ausreichende Rechtsgrundlage. "Ich will nicht, dass es zu einer Situation kommt, wo Regierungen heimlich zusammensitzen." Beim informellen EU-Gipfel in Stockholm am 23. Und 24. März werde Schweden die im Vorjahr in Lissabon formulierten Ziele weiter verfolgen, wie die Wirtschaft in der EU in den nächsten zehn Jahren zur weltweit wettbewerbsfähigsten gestaltet werden könne, sagte Persson. Hier gelte es vor allem, der niedrigen Geburtenrate und der zunehmenden Veralterung in Europa gegenzusteuern. Die EU müsse Konzepte für die Reform des Pensionssystems und der Altenversorgung ausarbeiten. Auch müsse die Bedeutung neuer Informationstechnologien und der Biotechnologie in Stockholm unterstrichen werden. In Sachen Umweltpolitik bezeichnete es Persson als "prioritäres" Ziel seines Landes, eine Einigung bei den internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz zu erzielen. Ebenso werde Schweden dem im Vertrag von Nizza formulierten Ziel des zivilen und militärischen Aufbaus einer europäischen Sicherheitspolitik "hohe Priorität" einräumen. Dabei geht es um die endgültigen militärischen Strukturen der Zusammenarbeit zwischen EU und NATO. Schweden ist nicht Mitglied der Allianz, das skandinavische Land sieh sich selbst als "bündnisfrei". Beziehungen zu Russland "wichtig" Persson bezeichnete die Beziehungen der EU zu Russland als "wichtig für die Zukunft von ganz Europa". Insofern müsse die EU ihre Beziehungen zu Moskau "in Aufrichtigkeit und Kontinuität" vertiefen. Persson kritisierte die jüngsten Entwicklungen in Tschetschenien sowie Einschränkungen der Pressefreiheit in Russland als "zutiefst Besorgnis erregend". "Die Botschaft der Eu sollte sein, dass eine richtige Partnerschaft auf gemeinsamen Werten aufbauen muss." Schweden wolle Fortschritte bei der Abrüstung vorantreiben und unterstütze eine Mitgliedschaft Moskaus in der WTO, sagte Persson. Auch in Nahen Osten müsse die EU eine "aktive Rolle" spielen. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi begrüßte die Ziele der schwedischen EU-Präsidentschaft, die im Englischen als "drei E" (Enlargement, Employment, Environment) umschrieben werden. Prodi äußerte erneut seine Unzufriedenheit über den EU-Vertrag von Nizza, der im Dezember unter französischer EU-Präsidentschaft zu Stande gekommen war. Die 15 Mitgliedsstaaten hätten sich dabei zu sehr "auf ihre eigenen Interessen konzentriert", kritisierte Prodi. "E steht zuerst mal für Europa", sagte der Kommissionspräsident. Aus diesen Fehlern müsse die EU künftig lernen, die nächste für 2004 geplante so genannte Regierungskonferenz zur EU-Reform müsse "kurz, klar und entscheidungskräftig" sein. (APA)