Paris/Wien - In den Anden könnten in zehn bis 15 Jahren die kleineren Gletscher verschwunden sein. Und diese kleineren Eismassen machen immerhin 80 Prozent aller Gletscher in der tropischen Region der großen, südamerikanischen Gebirgskette aus. Wie Studien an zwei Gletschern in Bolivien und Ecuador zeigen, hat sich die Schmelzrate in den vergangenen zehn Jahren deutlich beschleunigt. Gletscher in Gebirgsregionen der Tropen reagieren besonders sensibel auf die kleinsten Klimaschwankungen. Im Gegensatz etwa zu Gletschern in den Alpen, die im Winter gleichsam eine lange Ruhepause einlegen was das Abschmelzen angeht, verlieren die tropischen Gegenstücke ganzjährig in den tiefergelegenen Abschnitten Material in Form von Schmelzwasser. Stellvertretend für die ganze Gegend hat ein Team von Wissenschaftern des französischen Institut de Recherche pour le Developpement (IRD) mit Kollegen aus Bolivien und Ecuador den Chacaltaya-Gletscher auf einer Höhe von 5.125 bis 5.375 Metern in Nordbolivien den Antizana auf 4.800 bis 5760 Metern in Ecuador genau unter die Lupe genommen. Beide sind kleiner als einen Quadratkilometer und laut Forscher somit representativ für die zahlreichen kleineren Gletscher auf dieser Höhe der Gegend. Für den Chacaltaya errechneten die Wissenschafter ab 1991 und für den Antizana ab 1995 so genannte Massenbilanzen. Dabei wird die Differenz aus Niederschlag einerseits sowie Abschmelzen und Verdunsten andererseits errechnet. Um auch längerfristige Tendenzen ausloten zu können, wurden außerdem alte Fotografien ausgewertet. Dramatische Rückgänge Die Ergebnisse zeigen, dass die kleinen Anden-Gletscher in großer Gefahr sind zu verschwinden. So hat Chacalataya im vergangenen Jahrzehnt 40 Prozent seiner Dicke und sogar zwei Drittel seines Volumens eingebüßt. Seine Oberfläche hat sich zwischen 1992 und 1998 um 40 Prozent verringert. Gegenüber 1940 macht die Oberfläche gar nur noch zehn Prozent aus. Die Werte des Antizana bestätigen die Trends. Die französischen Wissenschafter und ihre südamerikanischen Kollegen vermuten, dass die Abschmelzung im Zusammenhang mit dem intensiveren und häufigeren Auftreten von El Nino steht, der Wetteranomalie im Pazifik vor der Küste Südamerikas. So zeigen die Massenbilanzrechnungen, dass in den Monaten während oder unmittelbar nach El Nino der stärkste Verlust an Wasser in den Gletschern zu verbuchen war. (APA)