Puccinis Oper "Madame Butterfly" ist am Klagenfurter Stadttheater in einer schlichten, soliden Konsens-Version von Dietmar Pflegerl zu sehen, findet Ljubisa Tosic . Klagenfurt Geboren ward jedenfalls eine Konsens-Inszenierung, Puccinis Madame Butterfly als Musiktheater der Rührung, putzig eingerichtet und voll jener Dinge, die unser Herz so wohlig-kathartisch durchbohren (verlassene Frau, verlassenes Kind, Tod, Verrat...) Zweifellos: Nach kleiner Adaptierung wäre diese Puccini-Version von Klagenfurts Intendant Pflegerl auch ein Fall für die Sommerseebühne. Der putzige, mit Glitzersternchen versehene blaue Himmel des Schlussaktes würde etwa vom Ambiente des Wörthersees mit naturalistischer Aura beschenkt werden. Auch der Auftritt von Priester/Onkel Yakusidé (Janusz Pleban), der als Feuermauer-schaffende Gruftgestalt erschreckt und Cio-cio-san (alias Butterfly) aus der Gemeinschaft verbannt, da sie zum Christentum übergewechselt ist, würde den Kärntner Himmel feuerwerksartig erleuchten. In einer doch als Kammerstück eingerichteten Inszenierung wirkt dieser derbe Auftritt allerdings doch überzogen. Er durchbricht eine reduzierte, schlichte Erzählweise, die sich in einem gleichsam aus Eisblöcken erschaffenen, klaren Hausambiente abspielt und die Figuren mit lockerer Hand führt. Ohne jedoch deren Tiefen auszuloten. Etwas übermütig Immerhin, als Gast aus Wien, der zurzeit an dem belanglosen Steh- und Schreit-theater der Wiener Staatsoper, die unter den Verdi-Wochen stöhnt, leidet, ist man dankbar, dass hier so etwas wie Licht- und Personenregie existiert. Schade, dass sich Evan Bowers als übermütig-unbeschwerter Herr Pinkerton gerade in dramatischen Momenten nicht an sie hält. Stimmlich sicher, aber im Lyrischen ein etwas eckiger Ami, kippt er zusehends in offenbar unausrottbare Opernstereotype und macht neben See-I Lee (als Cio-cio-san) eine etwas hinkelsteinhafte Figur. Lee vermittelt als Butterfly hingegen auf delikate Weise jene paradoxe Gleichzeitigkeit von Selbstverleugnung und Würde und meistert die Monsterpartie mehr als anständig. Natürlich ist dieser Anforderungsmix aus Lyrik und Dramatik grundsätzlich schwer zu bewältigen. Vor allem dann, wenn Dirigent Guido Mancusi das unsentimental-straff klingende Orchester bei Höhepunkten mitunter doch zu einer Dezibelanzahl animiert, die auch in der unzierlichen Arena di Verona großen Eidruck machen würde. Insofern können Andrew Golder (als Konsul Sharpless) und Alexander Nagy (als Goro) froh sein, dass Puccini für sie aus dem Orchestergraben eher Dezentes aufsteigen lässt. Dezent auch der Schluss von Pflegerl-san: ein spielendes Kind; hinter einer Wand aber das vollzogene Selbstmordritual. Das hatte etwas Gestaltetes, Lakonisches. Wenn man den Erfolg einer neuen Inszenierung an der Anzahl der gezückten Taschentücher misst, war dies übrigens ein voller. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21. 1. 2001)