Graz - Er sei "einer der wenigen, der die Abstraktion in Österreich durchgehalten hat, einer, der nie dem Druck nach Anpassung nachgegeben hat", sagt Peter Weibel über Gerhard Lojen. Ein "Prototyp der steirischen Moderne", der durch den Kärntner Hans Bischoffshausen seine Initiation erfahren habe, sei er, sagt Christa Steinle. Grund genug, ihm eine große Werkschau in der Neuen Galerie zu widmen. Lojen studierte in den Fünfzigerjahren in Graz Architektur - bis heute unterhält er gemeinsam mit seiner Frau Erika Loyen ein Architekturbüro. Einer seiner Lehrer an der Hochschule war Kurt Weber, der internationale Einflüsse vor allem aus Frankreich nach Graz brachte. In jener Zeit entstanden die so genannten Materialbilder in Zusammenarbeit mit Bischoffshausen, die eine umfassende abstrakte Recherche ergeben. Später arbeitete Loyen, auch als Mitglied der Grazer Sezession, Einflüsse des Kubismus und des Informel ein. Diese frühe moderne Zeit bezeichnet Christa Steinle im Vorwort zum Ausstellungskatalog als "euphorisch". Lojen malte in Öl, Lack, und bevorzugt so genannte "Landschaftsaquarelle", wobei er sich allerdings der landschaftlichen Abstraktion bald ab- und der geometrischen zuwandte. Es folgten logisch "flache", oft monochrome Bilder in den Siebzigerjahren, ein lang andauerndes Wechselspiel zwischen Weiß und Farbe. O.T. (Gegen Ende zu weiß) , 1978, ist ein Beispiel mit roter Dominanz, ebenso das Randzonenbild von 1981. Ein Teil des Werks verzweigt sich hin zu den "geometrischen Bildern", die den ersten Proliferationsschub der Kommunikationszeichen widerspiegeln, Bildrand und Fläche aber immer konsequent mitdenken. Gruppe 77 Einen eigenen Werkkörper stellen die Buchobjekte seit den 80er-Jahren dar, basierend auf einer Aktion der Gruppe 77. Die Ausstellung der Künstler-Gruppe 77, zu deren Mitbegründern Lojen und Bischoffshausen zählen, fand unter dem Motto "Stille" im Rahmen des steirischen herbstes 1978 statt. Die Künstler veröffentlichten "Plakate als Leerflächen oder entsprechende Leerstellen in den Zeichnungen". Ein innerer Weg zu den Zeichenbildern? Die Bücher werden an Holzstücke geklebt, an sie gebunden und zusammen verschnürt und versiegelt: eine wunderbare, in sich erschöpfende Deklination des Wortes und seiner Knebelung. Die weiße Bildfläche, der sich Loyen in den 90er-Jahren zuwendet, wird vor dem Hintergrund jener Objekte aufgeladen mit körperlicher Vieldeutigkeit. Zu diesem Zeitpunkt ist Lojen schon längst ein einflussreicher Lehrer an der Grazer Ortweinschule. Zuvor aber steht noch der große Bogen der Bilder mit den Dreiecken: Zerbrochene Krone aus 1985, Flagge 1984, Die Serie West 1986. - Die Gemälde erschließen "Erlebnisbereiche wie das Erkennen von Ruhe und Harmonie, das Abtasten von Farbreihen, das Ergänzen und Erweitern", so Werner Fenz im Katalog. Den von Christa Steinle formulierten Anspruch der Neuen Galerie, internationale Einflüsse sichtbar werden zu lassen, löst die Ausstellung ein. Für Loyen wurden Reisen rasch "zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Unterrichts", so der Künstler. In diesem Zusammenhang interessiert ihn Joseph Beuys, der Kunst als "ein Lebens- und Überlebensprogramm für die Menschen erkannte. Folgerichtig verstand er seine eigene Lehrtätigkeit als eine praktizierte Kunstform". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21. 1. 2001)