Inland
FPÖ-Treffen: "Ungeordnete Gedanken eines einfachen Parteimitglieds"
Rundumschläge auch von Parteichefin Riess-Passer und FP-Wien Chef Hilmar Kabas
Wien - Mit "einigen ungeordneten Gedanken eines einfachen Parteimitglieds" hat sich am Sonntag der Kärntner Landeshauptmann
Jörg Haider beim FPÖ-Neujahrstreffen in der Kurhalle Oberlaa in Wien-Favoriten zu Wort gemeldet. Unter anderem kritisierte Haider die
seiner Meinung nach ungerechten Attacken gegen seine Partei und das ungleiche Maß, das dabei genommen werde.
"In Österreich wird der kleine Schimanek acht Jahre lang weggesperrt, weil er eine kleine Wehrsportübung gemacht hat. In Deutschland darf
ein RAF-Sympathisant Außenminister werden", sagte Haider. Kritik übte er auch an konservativen Politikern in Richtung Frankreichs
Staatspräsident Jacques Chirac und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber. Angesichts deren FPÖ-Kritik meinte er, es handle sich um
"jämmerliche Figuren".
Restitution: Einmal muss Schluss sein
Mit den ausgehandelten Summen bei den Restitutionsverhandlungen zeigte sich Haider äußerst unzufrieden: "Einmal muss Schluss sein", sagte
Haider in diesem Zusammenhang. Es sei eine trügerische Hoffnung des Bundeskanzlers, dass er ungeteilten Applaus an der Ostküste
bekommen werde. Auch die nur vorbehaltliche Zustimmung des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, kritisierte
Haider: "Der Herr Muzicant ist erst zufrieden, bis man ihm auch jene 600 Millionen Schilling Schulden bezahlt, die von ihm in Wien angehäuft
worden sind." Im Zusammenhang mit den Entschädigungszahlungen meinte Haider, dass man eine doppelte Verpflichtung übernommen habe,
denn es gebe in Österreich abertausende von Heimatvertriebenen, für die das gleiche gelte.
Auch die Affäre Lump wurde von Haider angesprochen: "Wir waren nicht glücklich, als ein freiheitlicher Landesparteichef sich wiederholt
negativ über den Bundespräsidenten geäußert hat", sagte Haider. "Art und Stil waren nicht richtig, aber der Inhalt war nicht falsch." Haider
attackierte vor allem die SPÖ - u.a. wegen deren Ausverkauf der österreichischen Wirtschaft: "Die Bank Austria ist unter dem Tisch verkauft
worden. Wo waren da die Gruselbauers - wahrscheinlich in Moskau mit dem Mund am Boden, anstatt mit dem Geist in der Höhe", sagte
Haider. In diesem Zusammenhang meinte Haider, er wünsche sich, dass die drei Weisen einmal eine Reise zum Spezialbericht über "die
grünen Terroristen in Europa" machten.
Medien-Verschwörung gegen die FPÖ
Auch eine mögliche bevorstehende Fusion am österreichischen Zeitschriftenmarkt nahm Haider ins Visier. "Es ist eine konzentrierte Aktion
gegen die FPÖ geplant, linke und rechte Magazine sollen sich gegen die FPÖ zusammenschließen", sagte Haider. Er führte dabei aus, dass es
sich bei den Magazinen um "News", "profil" und "Trend" handle. Man müsse dies aber mit Humor nehmen, denn dann werde eben keine
Zeitung mehr gelesen. "'News' hat der Riess-Passer gedroht, wenn sie der Fusion nicht zustimmt, wird man das in der Berichterstattung
merken. Und wir merken das bereits."
Auch die Schweinchen-Krawatte des ehemaligen Finanzministers Rudolf Edlinger wurde von Haider angesprochen. "Man stelle sich vor,
wenn ich mir eine Pavian-Krawatte umbinde." Es würde sofort ein Naheverhältnis zum Dritten Reich vermutet werden, wo Menschen als
Tiere bezeichnet worden seien.
Neutralität ohnehin schon aufgegeben
Zum Thema Neutralität meinte Haider, er verstehe Schüssels Vorstoß zur Aufhebung der Neutralität nicht, denn die Sozialisten hätten die
Neutralität bereits längst aufgegeben. Zuerst bei der EU-Erweiterung und danach, als man das Ausland gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung
zu Hilfe gerufen habe.
Haider wetterte wie in alten Oppositionszeiten gegen den Proporz. "Wir haben einen durchaus ängstlichen Partner in der ÖVP. Wir werden
aber auch der ÖVP beibringen, dass sie mit einem freiheitlichen Regierungspartner gezwungen sind, anständig zu werden."
Zum Thema Wiener Wahl sagte Haider, man habe mit Helene Partik-Pable eine hervorragende Spitzenkandidatin gefunden, die den Wiener
Sozialisten die Stirn bieten werde: "Bevor Häupl beginnt, die Wiener auszutauschen, tauschen wir ihn aus." Haider warnte in diesem
Zusammenhang in Wien vor einer "rot-schwarz-grünen Einheitspartei".
Kabas wettert gegen "linke Demonstranten"
Das Treffen vor den 2.500 Delegierten begann mit
einer Rede des Wiener FPÖ-Chefs Hilmar Kabas. "Es ist schon beschämend, dass auch heute wieder linkslinke Chaoten versuchten, unsere Veranstaltung zu stören", wetterte Kabas. Die
gewaltbereiten Demonstrationen seien Zeichen eines demokratiepolitischen Ungeistes und eines Missbrauchs des Demonstrationsrechts. "Das
kommt daher, weil die Linken es nicht verkraften, dass sie erstmals nach 30 Jahren nicht mehr in der Regierung sind", sagte Kabas. Diese
Krawalle hätten führende Sozialisten als Schirmherren.
Drohung Rot-Grün
Der Wiener FP-Chef malte das "drohende Szenario" einer rot-grünen Koalition in Wien an die Wand. Radikale Änderungen in der
Familienpolitik, der Zuwanderungspolitik, der Drogenpolitik und der Wirtschaftspolitik wären die Folge. "Es würde zur Zerschlagung der
österreichischen Identität führen. Die Freiheitlichen wollen das verhindern. Stellt euch vor, was passiert, wenn die rote Truppe von den
Grünen unterstützt wird. Wien muss unsere Wiener Heimat bleiben." Kabas trug im Übrigen wie auch fast alle FP-Regierungsmitglieder am
Revers einen "Stoppt Temelin"-Aufkleber.
Kabas skizzierte die FPÖ-Vorstellungen: Kindergeld, kostenloser Kindergartenplatz, ein Vorschlag über 36.000 neue Parkplätze in Wien
und: "mit Kärnten als Vorbild werden wir in Wien auch das Wohnen billiger machen", sagte Kabas. Da aber bei der kommenden Wahl jede
Stimme zähle, gelte es alles zu vermeiden, das den FP-Wahlerfolg gefährde. Die wiederholten Angriffe, der Rufmord und die Kriminalisierung
an seiner Person seien an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Er habe deshalb seine Position als freiheitlicher Spitzenkandidat zur Verfügung
gestellt, weil man "an den Erfolg unserer Partei" denken müsse. "Es ist wichtig, durch flexible Entscheidungen die Aktionen des Gegners zu
unterlaufen." Daher sei ein unbelasteter Spitzenkandidat von Nöten. (APA)