Kunst
Eiszeit an der Salzach
Galerienrundgang durch eine Stadt im Würgegriff des Fundraising & Merchandising
Salzburg im Jänner 2001. Das heißt zum einen: österreichischer Kältepol. Und zum anderen: Husslein ist da. Also nichts, was kunstfreundliche und andere Gemüter wirklich erwärmen könnte. Der Traum von einem österreichischen Zentrum für Fotografie: auf Eis gelegt. Stattdessen: Seitenblicke, Besucherströme, Fundraising & Merchandising. Das Ortsübliche, nur jetzt mit Klimtschiele statt Mozart.
Die Übergabe des von Peter Weiermair gesteuerten Rupertinums an die Wende-Lady aus Wien ist wie ein Eissturm über die heimische Kunstszene gekommen. Schreckensstarr muss das Häuflein der Avancierten erkennen, dass es nun mit Volldampf zurückgeht. Da kann man nur mehr an Titanic denken und auf den Eis(Mönchs)berg warten. Und darauf hoffen, dass der Museumsberg alle in die Tiefe reißt, wo der lebende Leichnam Guggenheim lauert. Wenn schon ein Ende, dann eines mit Schrecken.
Was aktuelle Fotokunst betrifft, wird man sich also in näherer Zukunft auf das galeristische Angebot beschränken müssen. Das ist zwar keinesfalls schlecht, zeigt in seinem spezifisch Salzburger Hang zum Harmlosen und Gemütlichen aber ausgerechnet jetzt seine offene Flanke.
In der
Galerie Fotohof
, sonst die erste Adresse ihres Faches, meinte man sich zur Weihnachtszeit etwas besonders Nettes ausdenken zu müssen und servierte unter dem Titel
INTERNA
eine Werksammlung von über 40 Fotokünstlern aus Salzburg, mit der in Petersburger Hängung die Wände voll gepflastert sind. Kuratiert ist das Ganze auch von Ruth Maurer, die damit einen "Einblick in die Lebendigkeit der lokalen Szene" geben möchte. Hier wird Einblick mit Zappen und Lebendigkeit mit Beliebigkeit verwechselt. Was bleibt, ist die Reduktion z. T. inhaltlich anspruchsvoller Arbeiten aufs Dekorative und die gut gemeinte Versicherung, dass sich ja eh so viel tut in der lokalen Szene.
Galerie Fotohof, Erhardpl. 3, (0662) 84 92 96.
Bis 27. 1.
Wenn jemand unter den Salzburger Galerien für sich beanspruchen kann, ausfallende Museumskompetenz zu ersetzen, dann ist es
Thaddaeus Ropac
. Mit
Robert Mapplethorpe
präsentiert er einen Klassiker, der mit seiner malerischen Fotografieauffassung noch ganz in der Tradition eines Edward Weston oder Ansel Adams stand. Zugleich verfolgte Mapplethorpe das Ziel, wie Arthur C. Danto bemerkte, "Bilder zu schaffen, die so stimulieren wie Photos in Pornomagazinen, die aber Kunst waren: Etwas Obszönes, das gleichzeitig Kunst ist."
Nur ist davon bei Ropac (fast) nichts zu sehen. Die Mapplethorpe Foundation beabsichtigt, ihren 1989 an Aids verstorbenen Schützling von allem Makel reinzuwaschen. Und so wählten Marisa Cardinale und Nikolaus Ruzicka zwar jede Menge berückend schöner Blumenbilder und verstörender Porträts von Mappelthorpes kurzzeitiger Lebensgefährtin Patti Smith aus, aber so gut wie nichts aus der Schwulen- oder gar S&M-Ecke. Damit ist die Salzburg-Kompatibilität hergestellt. Die Ausstellung, erklärt der Pressetext stolz, sei "die erste Einzelausstellung in einer österreichischen Galerie von Mapplethorpe". Wie lange werden wir hier in der Kälte warten müssen, bis wir die ersten Einzelausstellungen von Tillmans, Rondinone, Wall usw. sehen?
Galerie Thaddaeus Ropac, Mirabellplatz 2, (0662) 88 139 39.
Bis 25. 1.
Anselm Wagner
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 1. 2001)