Gaza/London - Für den palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat wäre ein - in Israel allgemein erwarteter - Sieg des
rechtsgerichteten Likud-Chefs Ariel Sharon bei der Wahl des Ministerpräsidenten am 6. Februar eine "echte Katastrophe". Der britischen
Tageszeitung "Daily Telegraph" sagte Arafat, ein Premier Sharon werde die Palästinenser "auf brutale militärische Art"
behandeln.
Arafat betonte, Sharon habe große Probleme mit ihm, seit er 1982 der israelischen Armee bei der Belagerung von Beirut entkommen sei. Sharon
gilt in den arabischen Staaten als Kriegsverbrecher, seitdem er als Verteidigungsminister die Libanon-Invasion 1982 geleitet hatte. Wegen der
vom Obersten Gericht Israels festgestellten Mitverantwortung der israelischen Armee bei den Massakern in den Beiruter
Palästinenser-Flüchtlingslagern Sabra und Shatila mit bis zu 1500 Toten hatte Sharon 1983 vom Amt des Verteidigungsministers zurücktreten
müssen.
Sharon betrachtet Nahost-Konflikt als unlösbar
Zwei Wochen vor der Wahl des Ministerpräsidenten in Israel haben Äußerungen des rechtsgerichteten
Oppositionskandidaten Ariel Sharon über den palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat für Aufregung gesorgt. In einem am Montag
veröffentlichten Interview des New Yorker Magazins "The New Yorker" bezeichnete der Likud-Chef den Palästinenserführer unter anderem
als "Mörder", "Lügner" und "bitteren Feind". Den Konflikt mit den Palästinensern nannte er unlösbar.
Es sei eine "absurde Idee" zu glauben, dass Israel den Konflikt beenden könne; "dies ist einfach unmöglich", sagte Sharon nach israelischen
Presseberichten. Der israelisch-arabische Abgeordnete Ahmed Tibi sagte am Montag in einer ersten Stellungnahme, wenn Sharon ähnliche
Äußerungen als Ministerpräsident machte, würde dies die Region näher an einen Krieg bringen. Aus dem Wahlkampfzentrum der Arbeiterpartei
von Ministerpräsident Ehud Barak hieß es, die Äußerungen hätten "das wahre Gesicht Sharons gezeigt".
Sharon hat beste Aussichten
Der 72-jährige Oppositionsführer, der nach allen Umfragen beste Aussichten auf einen Wahlsieg am 6. Februar hat, wollte seine bereits im
November gemachten Äußerungen nicht kommentieren. "Meine Meinung über Arafat ist allgemein bekannt", sagte er. Dennoch werde er als
gewählter Ministerpräsident auch mit dem Palästinenser-Präsidenten verhandeln. Voraussetzung dafür sei aber, dass in den
Palästinensergebieten Ruhe herrsche.
Ein politischer Verbündeter Sharons, Avigdor Lieberman von der Partei "Nationale Einheit - Israel ist unser Haus", hatte nach Medienberichten
erklärt, Israel werde nach einem Wahlsieg Sharons Beirut "anzünden" und die libanesische Infrastruktur zerstören, sollten Einwohner Nordisraels
von der anderen Seite der Grenze aus angegriffen werden. (APA/dpa)