Berlin - Im Konflikt mit dem Vatikan um die Schwangerenberatung wird der Limburger Bischof Franz Kamphaus in seinem Bistum noch mindestens ein Jahr Scheine zu einer straffreien Abtreibung ausstellen lassen. Die Erkenntnisse aus den verschiedenen Beratungsformen in Deutschland "werden zum Ende dieses Jahres ausgewertet und in die dann zu treffenden Entscheidungen einbezogen", erklärte Kamphaus am Montag in Limburg. Er habe Mitte Januar darüber in Rom ein Gespräch unter anderem mit dem Chef der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, geführt. Aus der Erklärung geht nicht hervor, ob der Vatikan seine Ankündigung billigt. Papst-Edikt verbietet "Mithilfe" zur Abtreibung Das Bistum Limburg ist als einziges entgegen der Weisung Roms nicht aus der staatlichen Schwangerenberatung ausgestiegen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Karl Lehmann, begrüßte in einer Erklärung die nun getroffene Entscheidung. Nach seinen Angaben bringt sie ein "Einvernehmen" mit dem Vatikan zum Ausdruck. Sie sei der "Weg zu einer Klärung der strittigen Sache" und zeige, "dass der Wille zum Konsens auch bei schwierigen Fragen in der katholischen Seite auf beiden Seiten größer ist, als viele sich vorstellen können, und zwar ohne Preisgabe wesentlicher gemeinsamer Grundsätze". Die Erklärung von Kamphaus lässt offen, wie die in einem Jahr zu treffende Entscheidung in dem Streit aussehen könnte. Im Zusammenhang mit dem Konflikt hatten KirchenexpertInnen vermutet, dass der 68-jährige Kamphaus eher freiwillig zurücktreten als nachgeben würde oder vom Papst von seinen Pflichten entbunden werden könnte. Über die bisherige Praxis der deutschen Bistümer, in ihren Beratungsstellen die Scheine zur straffreien Abtreibung auszustellen, war es in den vergangenen Jahren zum Konflikt mit dem Vatikan gekommen. Der Papst hatte die Bischöfe 1999 angewiesen, nicht mehr an Abtreibungen mitzuwirken. Diese versuchten, die Weisung mit einem Kompromiss umzusetzen, wonach die Berater den Schein weiter ausstellen, aber verstärkt von Abtreibungen abraten. Dies hatte der Vatikan verworfen. Beratung ohne Schein Die Bistümer mit Ausnahme Limburgs waren daher zum Jahresende 2000 aus der staatlichen Beratung ausgestiegen. Sie beraten weiter schwangere Frauen, stellen aber die fraglichen Beratungsscheine nicht mehr aus. Im Bistum Fulda wurden auf Grund einer Entscheidung des im Jahr 2000 gestorbenen konservativen Erzbischofs Johannes Dyba bereits zuvor keine Scheine mehr ausgestellt. Die Schwangeren-Konfliktberatung durch nicht-staatliche Träger ist Teil des parteiübergreifenden Kompromisses zum Abtreibungsrecht, der 1995 nach jahrelangen schwierigen Verhandlungen in Kraft trat. Als Reaktion auf die Entscheidung der Bischöfe gründeten prominente Laien der Kirche den Verein "Donum Vitae" ("Geschenk des Lebens"), der unabhängig von der Amtskirche die bisherige Beratungspraxis weiterführt und vom Staat anerkannt und finanziell unterstützt wird. (Reuters)