Taba - Vor dem Hintergrund des israelischen Wahlkampfs ist die palästinensische Delegation bei den am Sonntag aufgenommenen Marathonverhandlungen im ägyptischen Badeort Taba unter starken Druck geraten. Wie aus israelischen Verhandlungskreisen verlautete, will Ministerpräsident Ehud Barak kurz vor den Wahlen der palästinensischen Seite nicht weiter entgegenkommen. Angesichts der Aussicht auf einen Wahlsieg des wenig kompromissbereiten Likud-Führers Ariel Sharon müsse sich der palästinensische Präsident Yasser Arafat nun entscheiden, ob er zu Zugeständnissen bereit sei. Israel will erst nach der Wahl des Ministerpräsidenten ein Friedensabkommen mit den Palästinensern unterzeichnen. Außenminister Shlomo Ben-Ami sagte am Montag, auch wenn sich beide Seiten vorher einigten, solle die Unterzeichnung erst nach der Premier-Wahl am 6. Februar stattfinden. Ben-Ami reagierte damit auf die Kritik der Rechtsopposition unter Sharon, der die Marathon-Verhandlungen als nicht rechtmäßig bezeichnete. Sharon hatte erklärt, die Regierung habe so kurz vor der Wahl nicht die Legitimität und moralische Autorität, Zugeständnisse an die Palästinenser zu machen. "Keine Flexibilität Die israelische Tageszeitung "Haaretz" schrieb, Barak habe entschieden, "keine Flexibilität" zu zeigen. Er wolle bis Mittwoch die Sinnhaftigkeit der Gespräche prüfen und dann über deren Fortsetzung entscheiden. Nach den ersten Verhandlungsrunden erklärten Sprecher der israelischen und der palästinensischen Delegation, die Gespräche verliefen ernsthaft. Trotz der freundlichen Atmosphäre seien die Differenzen aber immer noch groß. Barak hat deutlich gemacht, dass er die beiden Kernforderungen der palästinensischen Seite weiterhin ablehnen wird: Israels Verzicht auf den Tempelberg in Jerusalem und das Rückkehrrecht für 3,7 bis vier Millionen palästinensische Flüchtlinge und Vertriebene oder deren Nachkommen. Barak beharrt auf Siedler-Vereinbarungen Barak beharrt auch darauf, dass etwa 160.000 der rund 200.000 jüdischen Siedler im Westjordanland und Gaza-Streifen unter israelischer Oberhoheit bleiben müssten. "Die Aussichten, ein weit reichendes Abkommen zu erreichen, sind sehr gering," erklärte Barak. "Was geschehen wird, ist ein Beitrag zur Verringerung der Gewalt, und einige Verständigungen darüber, wo wir übereinstimmen und wo nicht, damit wir die Gespräche nach der Wahl fortsetzen können." Der palästinensische Unterhändler und Minister für Kommunalverwaltung Saeb Erekat sagte daraufhin, die Gespräche seien zum Scheitern verurteilt, bevor sie begonnen hätten. Parlamentspräsident Ahmed Korei sagte, bei den Verhandlungen würden alle Kernfragen diskutiert. "Die Themen sind schwierig und die Differenzen sind groß", sagte er. Ähnlich äußerte sich Israels Außenminister Ben-Ami. Wer jedoch die seit sieben Jahren andauernden Friedensverhandlungen verfolgt habe, wisse, dass die Palästinenser ihre Entscheidungen immer erst in letzter Minute fällen würden. "Und diesmal bricht die letzte Minute unmittelbar vor den Wahlen an", fügte Ben-Ami hinzu. (APA/AP/Reuters)