Inland
"Anpfiff" zur Wiener Wahl mit Auflösung des Gemeinderats erfolgt
SPÖ: Kein Startschuss für Rot-Grün - Kabas: Rot-Schwarz hat versagt - Chorherr für Regierungsbeteiligung
Wien - Der offizielle "Anpfiff" zum Wiener Wahlkampf wurde
am Mittwoch im Gemeinderat gegeben. Ablehnung des von der SPÖ
eingebrachten Neuwahlantrags haben wie erwartet ÖVP und FPÖ
angekündigt. Die Debatte verlief in weitgehend sachlicher Atmosphäre.
In die Haare kamen sich lediglich SPÖ und ÖVP um die Frage, wer vor
einem Jahr der FPÖ Zusammenarbneit auf Bundesebene angeboten habe.
ÖVP und FPÖ wiederum warnten vor Rot-Grün in Wien. SP-Chef
Bürgermeister Michael Häupl und Klubchef Johann Hatzl wiesen freilich
zurück, dass die Auflösung des Stadtparlaments der Startschuss für
eine Zusammenarbeit mit den Grünen sei. Die Abstimmung wurde für den
späten Nachmittag erwartet.
Der Antrag auf Auflösung und Neuwahlen wurde von Hatzl
eingebracht. Dies sei notwendig, um eine "monatelange Lähmung" durch
den Wahlkampf zu vermeiden. Als Ziel für den voraussichtlichen
Wahltermin 25. März nannte Hatzl, dass Häupl Bürgermeister bleiben
und dass im Rathaus keine Politik gegen die SPÖ möglich sein solle.
Für die Stadtregierung sieht er zwei Optionen: Weitere Zusammenarbeit
mit der ÖVP oder eine Koalition mit den Grünen.
SP-Attacken gegen Freiheitliche
Massive Attacken ritt Hatzl gegen die Freiheitlichen, die er
angesichts der Politik auf Bundesebene als
"Wahlversprechensbrecherpartei" bezeichnete. An die ÖVP wiederum
richtete er die Frage, wie lange sie die Bundes-Koalition noch
einhalten wolle: "Wie lange lässt sich eine Partei demütigen, nur
damit man den Bundeskanzler hält, indem man sich mit dem Teufel auf
Gedeih und Verderb - und es wir das Verderben sein - verbündet."
Görg lehnte das Vorziehen des Wahltermins ab - nicht, weil sich
die ÖVP fürchte, wie er betonte. Die bisherige Koalition sei ein
Erfolg gewesen. Dennoch warf er der SPÖ und ihrem Parteichef
"Unaufrichtigkeit" vor, etwa wenn Häupl seine Funktionäre gegen den
Finanzausgleich wettern lasse, obwohl der Bürgermeister selbst mit
verhandelt und das Ergebnis als Erfolg bezeichnet habe. Unredlich sei
auch die Begründung für die vorzeitigen Neuwahlen. Die wesentlichen
Initiativen der Koalition seien von seiner Partei ausgegangen,
betonte er: "Ich muss nicht sagen, wir oder das Chaos. Es reicht,
wenn wir sagen, Görg oder Rot-Grün."
Görg bleibt bei Ablehnung der Vorverlegung
Ein Zwischenruf Hatzls, es würde auf Bundesebene nicht
Schwarz-Blau geben, wenn die ÖVP anständig geblieben wäre, wies Görg
unter Hinweis auf Medienberichte, die SPÖ hätte den Freiheitlichen
Posten in einem Minderheitskabinett angeboten, zurück. Wenn Hatzls
Meinung die der SPÖ sei, dann sei die Koalition tatsächlich beendet,
dann sei auch er für vorzeitige Neuwahlen. Später stellte Hatzl klar,
er habe die Bundesebene gemeint. Görg zog ebenfalls zurück, die ÖVP
bleibe bei ihrer Ablehnung der Vorverlegung.
Die Freiheitlichen diagnostizierten erwartungsgemäß ein Versagen
der bisherigen Stadtkoalition. Nun breche die SPÖ "mutwillig"
Neuwahlen vom Zaun und gebe gleichzeitig den "Startschuss für
Rot-Grün". Die FPÖ und die Wähler würden dies aber zu verhindern
wissen, gab sich Klubchef Himar Kabas, der vor einigen Tagen als
Spitzenkandidat von der Nationalratsabgeordneten Helene Partik-Pable
abgelöst worden war, überzeugt. Versagt habe die Koalition etwa in
der Ausländerpolitik, wie dies Häupl vor mehr als einem Jahr auch
zugegeben habe. Zur Ausländerpolitik sagte Kabas v.a. in Richtung
SPÖ, "anstatt zu integrieren gehen Sie den entgegengesetzten Weg und
reden den Leuten sozusagen ein, dass sie sich nicht verösterreichern
sollen".
Chorherr will "offene Stadt"
Für Grün-Klubchef Christoph Chorherr soll das künftige
Politikmodell "Grün" heißen, die zentrale Frage sei: "Kommt Grün oder
bleibt es bei der rot-schwarzen Stagnation." Dies bedeute aber nicht,
dass die Grünen auf alle Fälle mit der SPÖ in eine Koalition gehen
wollen. Eine Wende in der Verkehrspolitik etwa mit einem Nein zur
Nordost-Umfahrung und einem Nein zur Straßenquerung der Lobau seien
unumgänglich. Als weiteres Ziel nannte er eine "offene Stadt" mit
einem Wahlrecht für alle Wiener und Zugang für Immigranten zum
kommunalen Wohnbau. (APA)