Friederike Hassauer beklagt unter anderem, dass der Nachwuchs keine Chancen habe, wohlweislich vergessend, dass sich der Dienstrechtsentwurf genau gegen diesen nichtpragmatisierten Nachwuchs richtet und das vermeintliche Übel, die pragmatisierten ordentlichen und außerordentlichen Professoren, nicht trifft.

Wirklich skandalös aber ist es, wenn Hassauer die kollegialen Entscheidungsprozesse an den Universitäten samt und sonders infrage stellt. Es ist bezeichnend, wenn selbsternannte moderne ProfessorInnen gegen die "alte [!], notorisch entscheidungsschwache [!] Kollegialstruktur" wettern. Frau Hassauer wünscht sich die Rückkehr zu einem (modernen?) autokratischen Feudalsystem, in dem fürstliche Professoren und Professorinnen "ihre (leib)eigenen Mitarbeiter einstellen können" und in dem insgesamt einige wenige selbsternannte Qualifizierte ein umfassendes Durchgriffsrecht besitzen.

Frau Hassauer verwechselt also universitäre Liberalität mit hierarchistischer Libertinage, wie es sie sonst nur bei Militär und Kirche gibt. Die pragmatisierte Ordinaria träumt von der Rückkehr der Ordinarienuniversität des 19. Jahrhunderts, in der sie sich alle vier Jahre ihre KammerdienerInnen eigenmächtig und vom Staate finanziert bestellen kann. Das nennt man Flexibilität.

PS: Ich befinde mich seit acht Jahren in befristeten Anstellungsverhältnissen, seit einem Jahr in einem Anstellungsverhältnis als Universitätsassistent. Ich bin mit Zwischenaufenthalten in Chicago und Oxford von Wien weggejettet und in Salzburg gelandet, worauf ich mir nichts einbilde. Nach altem Recht kann ich nach einem internationalen Begutachtungsverfahren in neun Jahren auf ein unbefristetes Anstellungsverhältnis hoffen. Nach neuem Recht darf ich in drei Jahren von der Universität gehen.
Dr. Manfred Kern,
Assistent am Institut für Germanistik der Uni Salzburg

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Die österreichischen Studenten, die jährlich vom Institut für Völkerrecht der Universität Wien für die Teilnahme am weltweit größten Rechtswettbewerb vorbereitet und betreut werden und regelmäßig die so genannten US-"Elite"universitäten (Harvard inklusive) weit abgeschlagen hinter sich lassen, haben jedenfalls die gewissenhafte fachliche und persönliche Betreuung durch Assistenten an einer "Massenuniversität" zu schätzen gewusst - eine Betreuung, die großteils in der Freizeit und auf Kosten des eigenen Fortkommens geht. Ob zukünftige Studenten auch in den Genuss derartiger Betreuung gelangen werden können, ist zu bezweifeln: Assistenten, die nicht-verlängerbare Dienstverträge auf ein paar Jahre erhalten, werden diese wenige Zeit wohl ausschließlich für ihre Dissertation, Habilitation und Publikationen verwenden und nicht mit Studenten "verschwenden". Sie werden sich einen Deut um die Lehre kümmern - selbst wenn dadurch jahrelang hart erarbeitete Kompetenz und Spitzenleistungen verloren gehen.

Aber warum sollen auch die Studenten überhaupt noch ein Interesse an derartigen Projekten haben, würde es sie doch 5000 S kosten, der Universität Wien einen Spitzenplatz zu holen?
Stephan Wittich
1080 Wien
Als Assistent an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck fühle ich mich von Frau Hassauer persönlich beleidigt und möchte vor allem eines klarstellen: Unsere Fakultät funktioniert, internationale Spitzenleistungen werden geliefert, und die Studierenden können eine solide Ausbildung erwarten.

Sind sich die Reformaktivistinnen eigentlich klar darüber, dass sie pauschal nicht nur einen ganzen Berufsstand, sondern auch alle in Österreich ausgebildeten Akademiker diffamieren?
Dr. Andreas Tadler,
Assistent am Institut für Zoologie und Limnologie der
Universität Innsbruck

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Es zeugt nicht gerade von großer Kenntnis der internationalen Universitätslandschaft, wenn Frau Hassauer die österreichischen Universitäten mit denen der ehemaligen DDR vergleicht. Einen größeren Unterschied zwischen diesen beiden Modellen hinsichtlich limitierter Zugänge der Studierenden, rigoroser Begrenzung der Studiendauer, vorgegebener Curricula - kurz: durchgängiger Verschulung (was wir paradoxerweise eher vom amerikanischen Modell her kennen!) - und natürlich ganz zu schweigen von den undemokratischen Entscheidungsabläufen dürfte es wohl kaum geben.

Zum Glück hat Frau Hassauer nicht in der ehemaligen DDR studiert (sie würde sonst nicht diesen Vergleich wählen!).

Ich für mich kann nur sagen: Ich hätte lieber in Österreich studiert!
Mag. Dr. Elke Gruber, Institut
für Erziehungs- und Bildungs-
wissenschaften der Karl-Fran
zens-Universität in Graz

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Wer die Mitbestimmung von Studierenden und Assistenten mit der Signatur der "gremialen Unverantwortlichkeit" versieht und nur eine "notorisch entscheidungsschwache Kollegialstruktur" wahrzunehmen gewillt ist, hat die positive Seite einer demokratischen Universitässtruktur verkannt und offenbart auf erschreckende Weise die Sehnsucht nach autoritären "Führungsstrukturen".
Wendelin Schmidt-Dengler, Professor für Germanistik an der Universität Wien
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Aufgrund meiner Tätigkeit in der Personalkommission der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien habe ich die Erfahrung gemacht, dass es - wenn überhaupt - gerade aus den Kreisen der Professoren zu Versuchen kam, Liebkinder und Protegés an den Leistungs-und Qualifikationskriterien vorbei in die entsprechenden Posten zu hieven.

In diesem Lichte erscheint der Aufschrei von Friederike Hassauer als trotziger Versuch, unter den trendigen Schlagworten "Professionalisierung von Führungsstrukturen", "Mehr persönliche Verantwortung", "Qualitätssicherung und Qaulitätssteigerung" etc. einen universitären Rollback einzuleiten und zu jenen - von manchen nur sehr ungern aufgegebenen - professoralen Privilegien zurückzukehren, die seit der Abschaffung der Ordinarienuniversität im Jahre 1975 in Österreich glücklicherweise der Vergangenheit angehören.
Thomas Jochum
1040 Wien