Neu-Delhi - Indien hat die einseitige Waffenruhe in Kaschmir trotz einer Serie von Anschlägen moslemischer Rebellen um einen weiteren Monat verlängert. Premierminister Atal Behari Vajpayee und seine wichtigsten Minister trafen die Entscheidung am Dienstag. Seit Anfang Dezember hat die Armee im indischen Teil von Kaschmir Anweisung, nur noch zur Selbstverteidigung mit Gewalt gegen Rebellen vorzugehen. Die Zeitung "Times of India" kritisierte, dass die Anschläge antiindischer Milizen in dieser Zeit zugenommen hätten. Verhandlungen kamen noch nicht zu Stande. **** Indien verknüpfte die Verlängerung der Waffenruhe bis zum 26. Februar mit scharfer Kritik an Pakistan. "Es ist bedauerlich, dass Pakistan terroristische Aktivitäten über die Grenze hinweg fördert", hieß es in einer Regierungserklärung. Pakistan verlangt von Indien Drei-Parteien-Gespräche über das Kaschmir-Problem. Sowohl die pakistanische Regierung als auch die Moslemrebellen müssten in Verhandlungen über ein Ende der Gewalt im indischen Teil Kaschmirs einbezogen werden, erklärte das pakistanische Außenministerium. Indien wirft Pakistan vor, die Separatisten zu unterstützen, lehnt die Beteiligung der pakistanischen Regierung an Verhandlungen aber bisher ab. Indien und Pakistan haben seit 1947 drei Kriege gegeneinander geführt, zwei davon um Kaschmir. Im Mai 1998 hatte zunächst Indien und zwei Wochen später Pakistan Atomtests unternommen. Im Sommer 1999 hatte der Einmarsch pakistanischer Freischärler in den indischen Teil Kaschmirs beinahe einen weiteren Krieg ausgelöst. Als Großbritannien 1947 den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit entließ und die mehrheitlich moslemisch besiedelten Gebiete an Pakistan fielen, optierte der Maharadscha von Kaschmir, Hari Singh, für den Beitritt seines Fürstentums zur Indischen Union. 60 Prozent der Fläche kamen zu Indien (1957 wurde der Unionsstaat Jammu und Kaschmir geschaffen), während der nordwestliche Teil als "Azad Kaschmir" (Freies Kaschmir) unter pakistanische Verwaltung gestellt wurde. Die Waffenstillstandslinie von 1949 bildet die Grenze. Das in einer UNO-Resolution festgelegte Selbstbestimmungs-Referendum wurde bis heute von Indien abgelehnt. (APA/dpa)