Wien - Die Regierung hat am Dienstag im Ministerrat eine Reform des Kartellrechts beschlossen, die den Streit zwischen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Justizminister Dieter Böhmdorfer beendet. Im Wirtschaftsministerium wird eine Bundeswettbewerbsbehörde eingerichtet, das Justizministerium erhält einen Kartellanwalt. Die Sozialpartner verlieren ihr Recht auf Antragstellung. Die Bundeswettbewerbsbehörde wird mit umfassenden Ermittlungsbefugnissen zur Untersuchung von Wettbewerbsbeschränkungen ausgestattet und stellt eine Brücke zur EU-Wettbewerbsbehörde dar. Die neue Behörde soll rund 20 Mitarbeiter beschäftigen. Die Kosten sollen durch interne Umschichtungen im Wirtschaftsministerium getragen werden. Der Vorsitzende der Wettbewerbsbehörde wird auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten auf sieben Jahre bestellt. Das Justizministerium erhält einen Kartellanwalt, der genauso wie die Bundeswettbewerbsbehörde bei Gericht Anträge stellen kann und vom Bundespräsidenten für sieben Jahre ernannt wird. Die Amtsparteien - neben der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer ist dies noch die Finanzprokuratur des Bundes - sollen nicht nur ihr Antragsrecht auf Überprüfung von wettbewerbsbehindernden Zusammenschlüssen verlieren, sondern auch ihre Einbindung in das Kartellgericht soll überdacht werden. Nominierung fraglich Die Arbeiterkammer und die Wirtschaftskammer haben ein Nominierungsrecht für je einen Laienrichter und fertigen auch im paritätischen Ausschuss Gutachten für den Richter an. Der Reformbeschluss hat bei den Sozialpartnern unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. "Von Wettbewerbsbeschränkungen sind hauptsächlich Arbeitnehmer und Verbraucher betroffen", sagte der Direktor der Wiener Arbeiterkammer Werner Muhm. "Es ist daher unverständlich, dass deren Interessenvertretungen von der Mitwirkung ausgeschlossen werden." Die Wirtschaftskammer, die keine Anträge gestellt hatte, nahm den Verlust der Antragstellung gelassen hin. Der stellvertretende Generalsekretär Reinhold Mitterlehner stellte fest, dass "bei der Einrichtung einer effektiven Behörde, die mit den entsprechenden personellen Ressourcen ausgestattet sein muss", sich die Antragsberechtigung der Amtsparteien erübrigt. Er votierte aber für die Einbindung der Sozialpartner in das Kartellgericht (ha, DER STANDARD, Printausgabe 24.1.2001)