Wien - "Diese Diskussion verkommt jenseits von Sachlichkeit und Fachlichkeit zum Wahlkampfthema." Die Art, wie sich die Politik derzeit auf das Thema "Drogen im Straßenverkehr" stürzt, ist Peter Hacker, dem Drogenkoordinator der Stadt Wien, höchst suspekt. Verkehrsministerin Monika Forstinger (FPÖ) kündigte am Dienstag Zwangstests (Schweiß, Urin, Blut) für Lenker unter Drogenverdacht an. Und: Sie will jeglichen Drogenkonsum unter Strafe stellen. "Wer illegale Drogen konsumiert und bei einer Verkehrskontrolle erwischt wird, muss auf alle Fälle mit Konsequenzen rechnen, unabhängig von der momentanen Beeinträchtigung", so ihr Credo.

Forstingers Forderung - naturgemäß auch von der freiheitlichen Sicherheitssprecherin und neuen FPÖ-Spitzenkandidatin für die Wiener Wahlen, Helene Partik-Pablé, unterstützt - klingt in Hackers Ohren wie eine "Drohung gegen den Rechtsstaat". "Hier werden ungeniert Strafrecht und Verkehrspolitik in einen Topf geworfen", so Hacker im STANDARD-Gespräch. "Beschuldigten würde die Beweislastumkehr aufgedrängt."

Wie berichtet, wurde die aktuelle Debatte durch mutmaßliche Drogenunfälle ausgelöst. Vor zwei Wochen starben bei einem Lkw-Auffahrunfall auf der Wiener Südost-Tangente zwei Polizisten. Dem angeblich suchtgiftabhängigen Lenker, der Alkohol, Heroin und das Substitutionsmedikament Mundidol intus hatte, wird bereits am 5. Februar im Wiener Landesgericht der Prozess gemacht. Dem 42-Jährigen wird fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen sowie fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen.

Jener Geisterfahrer mit diagnostizierter "Suchtgiftpsychose", der Sonntagabend auf der Westautobahn erst nach längerer Verfolgungsjagd von der Gendarmerie gestoppt werden konnte, befand sich Dienstag noch in Behandlung.

Führerscheinabnahme

"Ich versteh' ja, dass angesichts der tragischen Vorfälle die Emotionen hochgehen. Aber aus politischen Gründen die Suchtprävention ins Mittelalter zurückzuschicken, halte ich für höchst bedenklich", so Hacker Richtung FPÖ und Volkspartei. ÖVP-Verkehrssprecher Helmut Kukacka will nämlich Abhängigen bei Eintritt in ein Drogen-Substitutionsprogramm die Lenkberechtigung präventiv auf ein Jahr entziehen. Begründung: Im Jahr 2000 sei in Wien rund 40 Substitutionspatienten der Führerschein entzogen worden. Insgesamt verzeichnete die Wiener Polizei 263 Führerscheinabnahmen wegen Drogenverdachts. "Und 5000 wegen Alkohols", so Hacker, "nur um die Dimension zurechtzurücken".

Hustensaft

Außerdem müsste Kukackas Vorschlag dann für alle Substanzen auf der Psychotropen-Liste gelten, meint Hacker. Also auch für Hustensäfte und ähnliche Medikamente. "Dann verlieren mehrere Hunderttausend Menschen präventiv den Führerschein."

Kritik an Forstingers Vorschlag kam auch vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Verschärfte Suchtgifttests würden zu kurz greifen. Umfassendere Maßnahmen, wie der Punkteführerschein, seien notwendig. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit sprach sich generell für Drogentests im Straßenverkehr aus.

(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.1.2001)