Rom/Brindisi - Wie Sardinen sind die Menschen auf den altersschwachen Rostkähnen zusammengepfercht. Im Laderaum ringen Frauen und Kinder nach Luft. Verzweifelt strecken sie die Arme nach etwas Trinkbarem aus den Bullaugen. Mit den Roma aus dem Kosovo ist das Flüchtlingselend nach Italien zurückgekehrt. "Wir haben nichts mehr", sagt Joseph. Mit ihm flohen in den vergangenen Wochen tausende über die Adria. "Wir Roma", sagt Joseph, "stehen allen im Weg. Niemand will uns." Tausende seien auf der Flucht vor der kosovo-albanischen Untergrundarmee UCK. Sie hofften in Montenegro, besonders in Bar, verzweifelt auf Hilfe. "Übergriffe auf Frauen und Kinder, der Tod von Männern, das passiert bei uns jeden Tag." Viele Roma in Notunterkünften wollen erst einmal in Italien bleiben. Andere hoffen, zu Verwandten nach Deutschland oder in andere europäische Länder zu gelangen. "Unsere Häuser sind vom Krieg zerstört, wir wissen nicht wohin", sagt eine Frau und schlingt die Arme um ihr Kind. "Wenn wir zurück müssen, dann lieber tot." Am Rand der Gesellschaft Die Roma wurden auf dem Balkan bereits früher an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Im Kosovo-Konflikt gerieten sie zwischen die Fronten. Flüchtlinge berichten, die Albaner beschuldigten sie, gemeinsame Sache mit den Serben gemacht zu haben. "Für die sind wir Komplizen und Kollaborateure." "Ich komme aus Obilic", sagt ein Mann, "und bin geflüchtet, als ich merkte, wie gefährlich es da unten wird." Mit seiner Frau gehörte er zu den fast 900 Roma, die Ende Juli an Bord der "Bahus" die italienische Küste erreichten. "Jetzt will ich in Holland anrufen. Dort habe ich Angehörige." Beträge von umgerechnet 8.500 bis 11.300 Schilling hätten sie für die Überfahrt von Montenegro bezahlen müssen. Italien: Keine Kriegsflüchtlinge Italien will zwar Immigranten aus dem Kosovo nicht mehr als Kriegsflüchtlinge anerkennen. Neuankömmlinge aus Jugoslawien sollen in ihr Herkunftsland zurückgebracht oder innerhalb von 30 Tagen ausgewiesen werden, entschied Innenministerin Rosa Russo Jervolino. Allerdings können sich Menschen mit einem Ausweisungsbescheid "einige Zeit frei bewegen", schreibt die Zeitung "Corriere della Sera". Die abenteuerlichen, mitunter lebensbedrohlichen Überfahrten werden nach italienischen Berichten von Kriminellen in Montenegro organisiert. Mitte Juli überließen Schlepper auf der Adria Hunderte von Bootsinsassen einfach ihrem Schicksal. In tiefer Nacht weckten sie ein Mädchen und übergaben dem Kind das Ruder. Der Mann habe ihr nur mit der Hand die Richtung nach Apulien angezeigt, sagte das Mädchen. Der Präsident der italienischen Adria-Region Apulien, Salvatore Distaso, forderte die Behörden in Montenegro zu schärferen Kontrollen auf. Politiker und Kirchenmänner in Italien äußern sich besorgt. "Die Situation der Roma ist eine besondere", sagt Erzbischof Giuseppe Casale. "Wir müssen ihnen helfen." (Von Jutta Lauterbach/dpa)