Wien - Nur wenige Schritte von Bundeskanzleramt und Parlament entfernt sieht die FPÖ ein "Chaos" herandräuen: im Wiener Rathaus, wo sich am Mittwoch der Gemeinderat auflöste. Deshalb konnten Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler bei aller Betonung, dass die Wiener Wahl eine Landtags- und keine Bundeswahl sei, die Vorgänge im Rathaus nicht unkommentiert lassen und warnten in einer Pressekonferenz lautstark vor einer rot-grünen Koalition in Wien. Die Gründe für diese Warnung liegen für Riess-Passer auf der Hand: Rot-Grün sei für eine Drogenfreigabe, für ungehemmte Zuwanderung, die Legitimierung der Antiregierungsdemonstrationen - die FPÖ hingegen das Gegengewicht. Den Einwand, dass sowohl Zuwanderung als auch Drogengesetze Bundesangelegenheiten sind, konterte Riess-Passer mit: "Es geht um eine Richtungsentscheidung." Die, wetterte die Vizekanzlerin, die SPÖ mit "gezielten Fehlinformationen" zu beeinflussen versuche: Als Beispiel nannte sie einen Brief der (allerdings ÖVP-dominierten) Beamtenversicherung, die ihre Patienten über Pensionskürzungen informiere. Auch Westenthaler alterierte sich über einen "umfassender Propagandafeldzug der Sozialisten". Dem er Belege für die "Doppelzüngigkeit" entgegenhalten will - etwa, dass Exminister Ferdinand Lacina seine Ministerpension beantragt habe. Das freut Westenthaler: "Nun hat auch die SPÖ ihren Pensionsfall." Das Pilz-Dossier Mehr Hoffnung, die der FPÖ in Umfragen prophezeite Niederlage abwenden zu können, setzt Westenthaler aber in das Wahlkampf-Argument, dass Rot-Grün Anarchie bedeute. "Man sieht ja in Deutschland, welche Leute mit welcher Vergangenheit da ans Ruder kommen", assistierte Riess-Passer. Westenthaler will mit Dossiers "revolutionäre Wurzeln" aufdecken: Die Rathausspitzen sind weniger gemeint, der dortige Obergrüne Christoph Chorherr ist Sohn des Presse-Chefs, war Mitarbeiter im Wirtschaftsbund bei Wolfgang Schüssel, Westenthaler hat eher den Parlamentsgrünen Peter Pilz im Auge. In den "umfangreichen Unterlagen" über Pilz ist etwa vermerkt: "Mit 19 Jahren ging der Fidel Castro und Che Guevara verehrende Pilz nach Kuba und beteiligte sich an einer Brigade." Oder: Als Beweis, dass Pilz Anarchist sei, wird angeführt, dass er für die Abschaffung des Staates plädiert habe. Und: Pilz sei von der Polizei von einer Botschaftsdemo weggetragen worden, habe danach einen Polizisten der Körperverletzung beschuldigt, der Polizist sei aber freigesprochen worden. Mit Dossiers wie diesem will Westenthaler die "Vergangenheit" einzelner Spitzenpolitiker hinterfragen. (eli/DER STANDARD, Printausgabe, 25. Jänner 2001)