Retz - Die Industrie will nach der "bitteren Pille" der höheren Steuer- und Abgabenbelastungen zur Erreichung des Nulldefizits im Jahr 2002 Versprechungen der Bundesregierung eingelöst sehen. Dazu gehört eine Senkung der Lohnnebenkosten um 15 Mrd. S und des Körperschaftssteuersatzes (KöSt) von 34 Prozent zumindest auf 31 Prozent. Für eine dauerhafte Absenkung des Nulldefizits fehlen Vorschläge zu Strukturreformen, sagte der Sektionsobmann Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich, Werner Tessmar-Pfohl, Donnerstag Abend vor Journalisten."Bundesverwaltung hat Sparpotential von 50 Mrd. S" Im Vergleich mit den anderen OECD- bzw. EU-Ländern habe Österreich in der Bundesverwaltung ein Sparpotential von 50 Mrd. S, das allein daran sichtbar sei, dass in Deutschland auf 1.000 Einwohner 15 Bundesbedienstete kämen, in Österreich dagegen 18. Länder wie Niederlande oder Dänemark lägen noch darunter, obwohl dort die öffentlichen Dienstleistungen sicher nicht schlechter seien als in Österreich. Noch größeres Potenzial an frei werdenden Mitteln könnten Privatisierungen im Kommunalbereich bieten. Neben dem Bund müssten sich besonders auch die Länder anstrengen, um die von ihnen geforderten Überschussbeitrag von 0,75 Prozent (des Bruttoinlandsprodukts) zustande zu bringen. In der Steiermark sei dies beispielsweise angesichts eines Ausgabenüberhangs derzeit noch nicht erkennbar. Als wichtigstes Programm für eine Budgetsanierung sprach Tessmar-Pfohl eine neue Aufgabenteilung zwischen den Gebietskörperschaften an. Es sei nicht einzusehen, warum Österreich neun Bauordnungen, Kesselverordnungen usw. brauche. In der sozialen Verwaltung gebe es neben dem Sozialministerium neun Sozialämter. Das Sozialamt in Graz habe 680 Beschäftigte und sei zur Notversorgung in der Nachkriegszeit eingesetzt worden, wofür es heute keine Aufgaben mehr gebe (Kriegsinvalide und -witwen). Das gleiche gelte für das Strombauamt im Wirtschaftsministerium, das 600 Beamte beschäftige. Hoffnung sieht Tessmar-Pfohl für den Bereich Forschung und Entwicklung, wo eine Verbesserung der Forschungsquote auf 2,5 Prozent (von derzeit 1,6 Prozent) in dieser Legislaturperiode angestrebt wird. In der letzten Woche sei eine erste Tranche von zehn Mrd. S frei gegeben worden, davon sind 7 Mrd. S für Forschung und Entwicklung bestimmt und 3 Mrd. S für dringende Infrastrukturmaßnahmen. (APA)