Retz - Die heimische Industrie kann auf ein Rekordjahr zurückblicken. Mit einer realen Produktionssteigerung von 6,5 Prozent wurde im Jahr 2000 die höchste Wachstumsrate seit 1979 registriert. Die starke Expansion sei von allen Nachtragekomponenten getragen gewesen, berichtete Joachim Lamel, Syndikus der Bundessektion Industrie in der Wirtschaftskammer, beim traditionellen Industrieseminar in Retz. Die Exporte hätten im vergangenen Jahr nach vorläufiger Rechnung um real zwölf Prozent zugelegt. Angesichts der schwächeren internationalen Konjunktur, aber auch wegen der durch Abgabenerhöhungen gedämpften privaten Nachfrage sei heuer mit einem niedrigeren Produktionswachstum von 4,5 Prozent zu rechnen, so Lamel. Dies werde aber nicht genügen, die Beschäftigung in der Industrie zu halten. Werner Tessmar-Pfohl, der Obmann der Bundessektion Industrie, bekräftigte die Forderung an die Regierung, dass nach der Durststrecke bis zum Nulldefizit im Jahr 2002 für die Wirtschaft auch "wieder Gas gegeben wird". Die zugesagte Senkung der Lohnnebenkosten um 15 Mrd. S und die Reduktion der Körperschaftssteuer von 34 auf 31 Prozent sei dabei ein absolutes Muss. Forschungsfokus Die Hochschulforschung liegt im Volumen in Österreich bei 0,53 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), im Durchschnitt der EU bei 0,38 Prozent. Die industrielle Forschung hingegen macht in Österreich 0,8 Prozent des BIP aus, in der EU 1,2 Prozent. Mit diesen Zahlen umriss Knut Consemüller, Vorsitzender des Forschungsrats, die Aufgabe einer Fokussierung der Forschungsaktivitäten, die der Rat als Auftrag von der Regierung übernommen hat: "Die Grundlagenforschung ist in Österreich sehr stark und wir dürfen sie nicht schwächen. Aber wir müssen die angewandte Forschung forcieren, weil nur hier eine Hebelwirkung in den Forschungsanstrengungen der Industrie erzielt werden kann", so Consemüller beim Industrieseminar. "Ohne dass die Unternehmer ihre bisher unterdurchschnittlichen Forschungsaktivitäten stark steigern, ist das Ziel einer Forschungsquote von 2,5 Prozent bis zum Jahr 2005 nicht zu erreichen." Die jetzt zur Verfügung stehenden sieben Milliarden Schilling als zusätzliche Dotierung für eine Technologieoffensive seien eine Initialzündung. Eigentlich, so Consemüller, seien es nicht ganz sieben Milliarden, weil davon 190 Millionen für das Wissenschaftsministerium und 60 Millionen für das Wirtschaftsministerium zum Stopfen akuter Löcher im ordentlichen Budget benutzt werden mussten.(Johannes Steiner, Der Standard, Printausgabe, 27.01.2001)