Wirtschaft
ÖIAG sucht Streicher-Nachfolger
ÖIAG schreibt nicht explizit die Position eines neuen Vorstandsvorsitzenden aus - SPÖ kritisiert "Hineinregieren"
Wien - Die Staatsholding ÖIAG schreibt nach dem vorzeitigen Abgang ihres Generaldirektors Rudolf Streicher (per 31. Jänner 2001) nicht explizit die Position eines neuen ÖIAG-Vorstandsvorsitzenden aus, sondern lediglich ein "Vorstandsmandat". Die Ausschreibung werde in den nächsten Tagen veröffentlicht, teilte die ÖIAG am Montagnachmittag nach der Sondersitzung des Aufsichtsgremiums mit. Die Ausschreibungsfrist läuft kraft Gesetz vier Wochen. In der Folge wird (kann) der Aufsichtsrat einen Vorstandssprecher bestimmen.
Streicher, dessen Vorstandsvertrag einvernehmlich vorzeitig aufgelöst wurde, wird der ÖIAG in verschiedenen Aufsichtsratsfunktionen weiter zur Verfügung stehen, heißt es weiter. Das zweite Vorstandsmandat in der ÖIAG hält weiter Johannes Ditz, der unter Streicher stellvertretender Vorstandsvorsitzender war.
Androsch: Streicher-Nachfolger nur "Erfüllungsgehilfe"
Zwei einstige SP-Finanzminister sparten am Montag nicht mit Kritik: Ex-Finanzminister Hannes Androsch erwartet, dass der ÖIAG-Aufsichtsrat als Streicher-Nachfolger nur "einen Erfüllungsgehilfen" sucht. Was seit dem letzten Jahr mit der ÖIAG passiere, sei ein "Direkteingriff" durch die Politik, wie dies in den letzten zehn Jahren in der ÖIAG nicht vorgekommen sei. Es gehe offenbar nur um "Auslandsverkauf und Verscherbelung".
Die Telekom Austria-Emission vom vergangenen November nannte Androsch "die größte Finanzpleite seit der Creditanstalt im 31er-Jahr". (Banken-Crash 1931). Innerhalb von acht Wochen hätten die "kleinen Leute" 40 Prozent ihres eingesetzten Kapitals verloren, und es sei niemand da, der das kritisiere. "Und das verkauft man als Volksaktie", so Androsch im Gespräch. An der FPÖ kritisierte Androsch, dass diese "glaubt, mit 27 Prozent (Stimmenanteil bei der Nationalratswahl 1999) können sie so tun, als ob sie eine Dreiviertelmehrheit hätten". Aber es gebe "keine Kontrolle mehr in diesem Land". Die ÖVP lasse "alles geschehen".
Eine ähnlich kritische Einschätzung zur ÖIAG-Politik traf heute der Vorgänger von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ), der nunmehrige SPÖ-Finanzsprecher Rudolf Edlinger (S). Heute werde mehr in die ÖIAG hineinregiert als je zuvor. "Man hat den Eindruck, dass der Aufsichtsrat die Unternehmen führt", so Edlinger in einer Pressekonferenz. Mit der "völlig missglückten Privatisierung der Telekom Austria" hätten fast 40.000 österreichische Kleinanleger ein Drittel ihres Vermögens verloren. (APA)