Die Speicherchips (DRAMs) für Computer sind das alles überschattende Thema, wenn Analysten derzeit über das erste Quartal des Münchener Halbleiterkonzerns Infineon Technologies AG sprechen, dessen Ergebnis am Mittwoch zur Veröffentlichung ansteht. Dass der Preisverfall Ende des abgelaufenen Jahres zu einem drastischen Gewinnrückgang geführt hat, darüber sind sich alle Analysten einig. Über dessen Ausmaß herrscht gibt es aber unterschiedliche Einschätzungen. Von 119 Mill. bis 379 Mill. Euro reichen die Schätzungen für den Gewinn vor Steuern und Zinsen (EbIT). Der Mittelwert der Prognosen von 217 Mill. Euro (2,99 Mrd. S) liegt um elf Prozent unter dem Ergebnis aus dem ersten Quartal des Geschäftsjahres 1999/2000 (zum 30. September) und beträgt gerade noch ein Viertel der 807 Mill. Euro, die Infineon im vierten Quartal (Juli bis September) verdient hatte. Mit einem Rückgang des Umsatzes (Vorjahresquartal 1,54 Mrd. Euro) rechnet keiner der Analysten, aber auch hier liegen die Schätzungen mit 1,63 Mrd. bis 2,06 Mrd. Euro weit auseinander. "Die DRAM-Preise sind das Thema Nummer eins", sagte Matthias Schneck von der HypoVereinsbank. Am Freitag war der Standard- Chip auf dem Spotmarkt für 2,68 Dollar zu haben, der höchste Preis der vergangenen zwölf Monate lag bei 9,22 Dollar. Die erratisch schwankenden Ergebnisse in der Halbleiterbranche hatte Siemens-Vorstandschef Heinrich von Pierer Ende 1998 zum Anlass genommen, sich von diesem Geschäft mittelfristig zu trennen. Aus der Chipsparte von Siemens entstand die Infineon Technologies AG, die seit März 2000 börsenotiert ist und an der Siemens noch immer 71 Prozent hält. Siemens will sich von einem Teil der Aktien durch die Möglichkeit für Siemens-Anteilseigner trennen, ihre Papiere in Infineon-Titel zu tauschen. Infineon-Chef Ulrich Schumacher setzt darauf, dass sich sein Unternehmen auf mittlere Sicht unabhängiger macht von den DRAM-Chips, die derzeit noch 75 Prozent des Umsatzes ausmachen. Die Kommunikation und die Autobranche sollen umso stärker werden. Dass es in diesem Jahr noch nicht gelingen werde, den Anteil der DRAMs wie geplant auf 30 Prozent zu drücken, räumte Schumacher in einem Interview Mitte Jänner ein. Er setzt auf eine Erholung des Marktes im zweiten Halbjahr, nachdem das Weihnachtsgeschäft mit PCs nach seinen Worten so schwach ausgefallen ist wie nie zuvor. Im November hatte er den Umschwung noch zur Jahresmitte gesehen. Infineon habe aber keine Probleme, seine Kapazitäten komplett auszulasten, so Schumacher. Die eigene Prognose, schneller zu wachsen als der Chipmarkt, der 2001 nach Schätzungen des US-Forschungsinstituts Dataquest 27 Prozent zulegen wird, könne eingehalten werden, hieß es beim Unternehmen. Die Abhängigkeit von Speicherchips könne Infineon aber nicht so rasch ablegen, sagen Analysten. "Wenn das nicht läuft, helfen die anderen auch nicht mehr viel", sagt Achim Fehrenbacher von M.M. Warburg. In diesem Geschäft habe Infineon sein erstes Quartal nach seinen Erwartungen gerade noch mit einer schwarzen Null abgeschlossen, Warburg erwarte daher nur ein Ebit von 135 Mill. Euro. Theo Kitz von Merck Finck hält das für stark untertrieben und rechnet mit einem Ebit von 300 Mill. Euro. Für die nächsten Monate ist er aber skeptisch. Die internationalen Investmentbanken CSFB und Goldman Sachs haben ihre Gewinnprognosen für Infineon 2000/01 in den vergangenen Wochen drastisch nach unten korrigiert. Beide betonen aber, sie glaubten an einen Aufwärtstrend bei den DRAMs Mitte des Jahres. Dafür sieht Jean Danjou von Credit Suisse First Boston (CSFB) in einer kürzlich veröffentlichten Kurzstudie Wolken bei den Chips für die Telekommunikation heraufziehen. "Zum jetzigen Zeitpunkt keine signifikante Schwäche, aber deutlich weniger klare Sicht auf die weitere Entwicklung" fasst Danjou zusammen. (reuters)