Beim finnischen Telekommunikationskonzern Nokia zeichnet sich dank des anhaltenden Handy-Booms erneut ein
Rekordgewinn ab. Einen Tag vor der Veröffentlichung der Jahresbilanz für 2000 am Dienstag in Helsinki sagten Analysten dem souveränen
Marktführer einen im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent auf 5,5 bis sechs Mrd. Euro (bis zu 82,6 Mrd. S) gesteigerten Gewinn vorher.
1999 hatten die Finnen einen Ertrag vor Steuern von 3,8 Mrd. Euro mit Mobiltelefonen erwirtschaftet und die Handy-Konkurrenten
Motorola, Ericsson und Siemens mit einem Marktanteil von über 31,6 Prozent klarer abgehängt als je zuvor.
Meinungen
Bei Analysten herrschte kurz vor Veröffentlichung der Bilanz die Meinung vor, dass Nokia leicht tiefgestapelt hat. Das Unternehmen selbst
veröffentlichte nach dem Jahreswechsel eine vorläufige Verkaufsziffer von 128 Mill. Handys. Analysten errechneten daraus für diese Sparte
einen Gewinn von 4,8 Mrd. Euro für das letzte Jahr, was die Gewinnmarge auf 22 Prozent gegenüber den von Nokia selbst erwarteten 20
Prozent heben würde.
Im härter gewordenen Konkurrenzkampf um Mobiltelefonkunden sind die Nordeuropäer die einzigen unter den Marktführern, die Handys mit
Gewinn verkaufen. Ericsson setzte im letzten Jahr 43 Mill. Geräte ab und verlor bei jedem im Durchschnitt 66 Euro. Der gigantische
Gesamtverlust von 16,3 Mrd. Kronen (2,7 Mrd. Euro/37,7 Mrd. S) veranlassten Ericsson-Chef Kurt Hellström die gesamte
Handy-Herstellung an den bisherigen US-Lieferanten Flextronics abzutreten. Der will nun vor allem durch Verlagerung in Billiglohnländer für
schwarze Zahlen sorgen. Dass Ericsson beim Marktanteil unter zehn Prozent rutscht und den dritten Platz an Siemens verliert, gilt dabei als
ausgemacht.
Keine Sorgen
Nokia-Vorstandschef Jorma Ollila (50) hat solche Sorgen nicht. Für sein Unternehmen errechnet die Stockholmer Zeitung "Dagens Industri"
einen Gewinn von 77 DM (40 Euro) je verkauftem Mobiltelefon. Allerdings braucht Nokia solche Zahlen auch dringender als etwa Ericsson,
der als Mobil-Systemausrüster noch höhere Profite einfährt, während Nokia viel abhängiger vom immer rasanteren Modellwechsel ist.
Ebenso wie Motorola und Ericsson hat Nokia die Wachstumserwartungen der Finanzmärkte an die Handybranche in den letzten Wochen
leicht gebremst. Die zuletzt in Helsinki ausgegebene Prognose, dass in diesem Jahr weltweit insgesamt 550 Mill. neue Mobiltelefone verkauft
werden, halten viele Marktbeobachter aber immer noch für zu optimistisch. Nokia ist inzwischen vielleicht auch Gefangener immer neuer
eigener Rekordziffern. Als aus der futuristisch gebauten Konzernzentrale bei Helsinki die Mitteilung kam, dass der Handy-Verkauf im letzten
Jahr um 64 Prozent gestiegen war, sackten die Aktienkurse ab. An den Finanzmärkten fand man den Zuwachs enttäuschend niedrig. (von
Thomas Borchert/dpa)