Berlin - Nach Ansicht des neuen deutschen Kulturstaatsministers Julian Nida-Rümelin (SPD) gibt es berechtigten Grund zum Optimismus bei der seit Kriegsende ungelösten Frage einer Rückführung von Kulturgütern, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus Deutschland verschleppt wurden. Bei der Rückgabe einer 1522 in Wittenberg gedruckten Luther-Bibel, die sich zusammen mit umfangreichen wertvollen Beständen der Berliner Staatsbibliothek seit Kriegsende in Krakau befand, an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sagte Rümelin am Montag in Berlin, er habe begründete Hoffnung zu der Annahme, dass es noch in diesem Jahr "weitere konkrete Ergebnisse" geben werde. "Ein wichtiger Anfang ist gemacht." Dies betreffe nicht nur die Verhandlungen mit Polen, sondern auch mit anderen Staaten wie Russland und der Ukraine. So seien auch mit Russland bereits neue Gesprächstermine ins Auge gefasst. "Ich glaube, es werden weitere Schritte folgen", betonte der Staatsminister. Er habe den Eindruck, dass die Bereitschaft dazu in letzter Zeit deutlich gewachsen sei. Nida-Rümelin meinte, auch wenn die Bundesregierung selbstverständlich ihren Anspruch auf Rückgabe der aus Deutschland verschleppten Kulturgüter unter Berufung auf das Völkerrecht aufrechterhalte, gehe es nicht primär um Rechtspositionen. "Es geht so viele Jahre nach Kriegsende um die gemeinsame europäische Verantwortung für Kulturgüter mit wechselvoller Geschichte." - "Allerdings können wir bilaterale Probleme in diesem Zusammenhang nicht einfach nach Brüssel delegieren." Nida-Rümelin würdigte, dass Polen "im Bewusstsein des außerordentlich hohen Ranges der Berliner Bestände" diese nicht in eigene Sammlungen integriert habe, "sondern bis heute als eindeutig abgegrenzte Sonderbestände sorgfältig betreut und aufbewahrt." Die Bibel war dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) während seines Polen-Besuches im vergangenen Dezember als "Geste des guten Willens" vom polnischen Ministerpräsidenten Jerzy Buzek übergeben worden. Sie gehört zu den umfangreichen Beständen der Berliner Staatsbibliothek, die während des Krieges aus Furcht vor den Luftangriffen auf Berlin nach Schlesien verlagert wurden und sich heute in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau befinden. Dazu gehören etwa 212 000 Manuskripte von Gelehrten, Dichtern und Staatsmännern wie Luther, Goethe, Schiller und Herder, die Nachlässe von Alexander von Humboldt und Hoffmann von Fallersleben sowie 20 000 Notenautografen, darunter zahlreiche Manuskripte von Bach, Beethoven, Mozart und Schumann. (APA/dpa)