Neu Delhi - Das Erdbeben vom Freitag hat Indiens Vorzeigestaat Gujarat schwerst in Mitleidenschaft gezogen: Sein Diamantenexport gehört zu den wichtigsten Einkommensquellen des Subkontinents, mit modernsten Standards arbeiteten auch die pharmazeutische, Textil- und Bekleidungsindustrie. Ein ausgeklügeltes Straßennetz, eine funktionierende Stromversorgung sowie die unternehmerfreundliche Politik der Regionalverwaltung haben eine Reihe multinationaler Konzerne angezogen. Der Staat an der Grenze zu Pakistan zählt zu den reichsten Indiens. Dörfer ausradiert Doch seit dem verheerenden Beben ist die Aufbruchstimmung in Gujarat vorbei. Ganze Dörfer sind ausradiert, wertvolle Monumente beschädigt oder zerstört. Und die Wirtschaft liegt am Boden. Allein auf 150 Milliarden Rupien (3,51 Mrd. Euro/48,3 Mrd. S) schätzt die indische Handelskammer den unmittelbaren Schaden des Bebens. Firmen ohne Strom Nach Angaben der Kammer haben die meisten Fabriken - im Gegensatz zu den privaten Gebäuden - die Schockwellen weitgehend unbeschadet überstanden. Auch die größte Raffinerie Indiens in Jamnagar blieb weitgehend intakt; ihre Produktion wird sie dennoch erst in Tagen und dann nur schrittweise wieder aufnehmen können. Wegen der zusammengebrochenen Stromversorgung und Telefonverbindungen können viele Unternehmen dennoch nicht arbeiten. In den beiden Wirtschaftszentren Ahmedabad und Surat sind laut Verbandspräsident Chirayu Amin nur noch etwa 20 Prozent in Betrieb. Er vermutet einen Exportausfall für Indien von vier bis fünf Prozent im laufenden Haushaltsjahr. Keine Gastarbeiter mehr Hinzu kommt, dass Gujarat seit dem Beben seine Anziehungskraft für Gastarbeiter verloren hat: Zahlreiche Diamantschleifer aus anderen Regionen, die überlebten, wollen in ihre Heimat zurückkehren, andere gar nicht erst in das Katastrophengebiet kommen. Wieder andere haben Familienangehörige verloren, stehen unter Schock. Auf täglich zehn Milliarden Rupien (234 Mill. Euro/3,22 Mrd. S) schätzt der indische Industrie-Verband CII allein den Verlust durch Arbeitsausfälle. Es werde außerdem "noch lange dauern, bis diese Narben verheilt sind und die Leute wieder zu ihrer Arbeit zurückkehren können", sagte der Präsident des Verbands der Indischen Exporteure (FIEO), K.K. Jain. (APA)